Hannover (epd). Die Diakonie hat sich besorgt über die von der Bundesregierung geplanten Änderungen beim Insolvenzverfahren für private Schuldner geäußert. "Wesentliche Fortschritte, die wir bereits erzielt hatten, werden zurückgenommen", sagte der Direktor des Diakonischen Werkes der hannoverschen Landeskirche, Manfred Schwetje, am Montag vor Journalisten in Hannover. Nach den Plänen des Bundesjustizministeriums sollen die Schuldner die Kosten des Verfahrens künftig selbst bezahlen.
Zwei Drittel der Schuldner könnten sich damit kein Entschuldungsverfahren leisten, sagte Diakonie-Referent Helge Johr. Für sie sehe der Gesetzentwurf ein vereinfachtes Verfahren ohne Treuhänder vor. Dabei seien mittellose Schuldner anders als im bisherigen Insolvenzverfahren nicht gegen einzelne Zwangsvollstreckungen geschützt. Das erzeuge hohen psychischen Druck und schade letztlich allen Beteiligten. Der Entwurf müsse deshalb korrigiert werden.
"Wer jeden Tag zehn Briefe von Gläubigern im Briefkasten hat, kann sich nicht darauf konzentrieren, Arbeit zu suchen", sagte Johr. Zudem sei zu erwarten, dass Arbeitgeber die Probezeit von insolventen Mitarbeitern beenden würden, wenn Gläubiger Geld pfänden wollten. Schuldner könnten auch ihr Girokonto verlieren, weil die Banken Pfändungsversuche nicht mehr bearbeiten wollten. "Wir fürchten ein Zwei-Klassen-Recht für Schuldner, das ist schwer erträglich", sagte Schuldnerberater Klaus Helke.
In einer Befragung von mehr als 1.900 Klienten, die das Diakonische Werk am Montag vorstellte, äußerten sich 86 Prozent zufrieden über die Beratung. 70 Prozent gaben an, sie hätten keine Angst vor Schulden mehr und könnten besser schlafen. Die Studie zeige, dass Beratung neue Überschuldung verhindern könne, sagte Helke. Die Klienten lernten, besser mit Geld umzugehen. Zahlreiche Schuldner sähen dadurch auch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Nach Angaben der Diakonie gelten in Deutschland 3,13 Millionen Haushalte als überschuldet. Das entspricht einer Quote von acht Prozent. Betroffen sind rund sechs Millionen Menschen. In Niedersachsen sind rund 280.000 Haushalte überschuldet. Hier ist die Diakonie mit rund 50 Beratungsstellen die größte Anbieterin für Schuldnerberatung. Sie betreut jährlich rund 6.000 Klienten.Rund 80 Prozent von ihnen leiteten ein Insolvenzverfahren ein, hieß es.
(epd Niedersachsen-Bremen/b0802/27.03.06)
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