EKD-Synode (erg. 8.11.)

Nachricht 08. November 2005

EKD-Synode berät über Haushaltsplan für 2006

Das Gesamtvolumen des Haushaltsplanes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Jahr 2006 wird sich auf knapp 176 Millionen Euro belaufen. Das ist etwas weniger als im Jahr 2005. Der Haushaltsplan „ist ein Baustein verlässlicher Haushaltspolitik", sagte das Mitglied des Rates der EKD, Vizepräsident Klaus Winterhoff, Mitglied des Rates der EKD, am Dienstag, 8. November, auf der Tagung der EKD-Synode in Berlin.
Der Haushalt ist durch sparsames Wirtschaften geprägt. Er reagiere behutsam und flexibel auf die notwendigen Veränderungen. „Es gibt derzeit in diesem Haushalt keinen Bereich, der etwa Anlass hätte in Panik auszubrechen; das soll - bei allen Veränderungen - auch so bleiben“, betonte Winterhoff.

Der Haushalt repräsentiert die Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit der EKD. Dazu gehört als Markstein die entwicklungspolitische Arbeit mit 44,85 Millionen Euro. Dieser Betrag steht dem in Bonn angesiedelten Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) für die vielfältigen Projekte zur Armutsbekämpfung auf der Welt zur Verfügung. Hierbei arbeitet der EED eng mit der evangelischen Aktion Brot für die Welt und kirchlichen Hilfswerken in Europa zusammen.

Mit gut 12,7 Millionen Euro wird die kirchliche Auslandsarbeit der EKD finanziert. Diese Mittel kommen vor allem den deutschen evangelischen Gemeinden im Ausland zu Gute, die den im Ausland ganz oder zeitweise lebenden Deutschen einen wichtige Stütze sind. Weitere 4,1 Millionen Euro sind für den unverändert wichtigen Beitrag der europäischen und internationalen Ökumene gewidmet.

Auf knapp 13,1 Millionen Euro belaufen sich die Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit und die publizistische Tätigkeit der EKD.

Der Stärkung des gesellschaftlichen Diskurses diene die Einrichtung der neuen Funktion einer Kulturbeauftragten.

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Synode, Reiner Meusel, wies ergänzend darauf hin, dass die mit dem Haushalt 2006 begonnene Neustrukturierung der Bildungseinrichtungen im Bereich der evangelischen Kirche ein hervorragendes Beispiel sei, wie es gelingen könne, trotz zurückgehender Mittel neue effektive Strukturen zu schaffen und Potentiale für zukunftsfähige Innovationen freizusetzen.

Berlin, den 8. November 2005
Pressestelle der EKD
Christof Vetter

„Gottes Toleranz nachahmen“
Hermann Gröhe spricht zum Schwerpunktthema „Tolerant aus Glauben“

Die Buntheit der pluralistischen Gesellschaft müsse für Christinnen und Christen Anlass sein, kräftig „Farbe zu bekennen“. Das sagte der Vorsitzende des Vorbereitungsausschuss der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Gröhe, MdB, am Montag, den 7. November, in seiner Einbringungsrede zum Kundgebungsentwurf für das Schwerpunktthema „Tolerant aus Glauben“. Gröhe rief zu einer geistigen Auseinandersetzung mit den Grenzen der Toleranz auf. Wo die Grundlagen eines toleranten Miteinanders angegriffen würden, sei Entschiedenheit gefragt.

Die Synode der EKD hatte sich auf ihrer letzten Tagung im November 2004 für das Schwerpunktthema Glaubensfestigkeit und Toleranz entschieden, während in Deutschland über die Ermordung des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh diskutiert wurde. „In der damaligen Debatte ging es um Toleranz und ihre Grenzen, um Christsein in einem Kontext religiöser, weltanschaulicher und kultureller Vielfalt, um die Grenzen der Zivilgesellschaft und um das protestantische Profil“, erinnerte Gröhe, der auch Mitglied im Rat der EKD ist.

Der Kundgebungsentwurf zum Schwerpunktthema entfalte eine Situationsanalyse, erläuterte Gröhe. „Unser Text meidet angstbesetzte Rückwärtsgewandtheit ebenso wie eine kritiklose Verklärung der bunten Vielfalt einer pluralistischen Gesellschaft.“ Die Anerkennung der gleichen Würde jedes Menschen habe christliche Wurzeln und sei eine wesentliche Grundlage der pluralistischen Gesellschaft. Dies werde im Entwurf ebenso benannt wie die Tatsache, dass in der pluralistischen Gesellschaft die Botschaft des christlichen Glaubens vielen Menschen nur als ein Angebot unter vielen erscheine.

Christinnen und Christen hätten allen Anlass, ihren Glauben „auskunftsfreudig einer Gesellschaft zu sagen, in der allen Prognosen zum Trotz die religiösen Sehnsüchte keineswegs verschwunden sind“, so Gröhe. Der Respekt vor dem gesellschaftlichen Pluralismus dürfe nicht dazu führen, auf die Betonung des eigenen Profils zu verzichten. Es gehe vielmehr darum, „die Klarheit des eigenen Standpunktes zu verbinden mit dem Respekt vor anderen Menschen und ihren Auffassungen.“ Das mache den Kern einer pluralistischen Gesellschaft aus.

Im Gegensatz zu einem bloß passiven Aushalten vertrete der Kundgebungsentwurf einen Toleranzgedanken, der ein aktives Element enthalte. „Es geht um die Achtung vor der Würde eines jeden Menschen, die die Achtung seiner Überzeugungen und Lebensweise einschließt.“ Gröhe warnte vor Missverständnissen: „Ignoranz, Desinteresse aus Bequemlichkeit oder geistige Enge versucht sich oft als Toleranz zu tarnen. Desinteresse ist aber das Gegenteil von Achtung.“ Wenn in Deutschland zu Mädchenbeschneidung, Zwangsverheiratung oder den sogenannten Ehrenmorden geschwiegen werde, habe dies nichts mit Respekt vor anderen Kulturen zu tun: „Es ist vielmehr schändliche Respektlosigkeit gegenüber den Opfern menschenfeindlicher Traditionen!“ Toleranz meine nicht wegsehen, sondern aufeinander zugehen.

Der Vorbereitungsausschuss sei zu der Erkenntnis gekommen, dass sich Glaubensfestigkeit und Toleranz nicht widersprechen. Denn schon Martin Luther habe von der „Toleranz Gottes“ gesprochen, von der „Geduld Gottes mit uns Menschen, denen seine bedingungslose Liebe gilt.“ Christinnen und Christen seien aufgefordert, diese Menschenfreundlichkeit Gottes nachzuahmen. „Toleranz gedeiht nur im Zutrauen zur Wahrheit Gottes und nicht in ihrer Relativierung“, zitierte Gröhe aus dem Entwurfstext. „Christinnen und Christen sind nicht tolerant, obwohl sie fest glauben, sondern weil sie fest glauben“.

Die Grenzen der Toleranz könnten zum Teil durch den Gesetzgeber gezogen werden, etwa wo es um Volksverhetzung oder gewaltbereiten Extremismus geht. „Doch die geistige Auseinandersetzung mit bestimmten Auffassungen muss bereits geführt werden, bevor diese zum Rechtsbruch führen.“ Der Kundgebungsentwurf nenne wichtige Stichwörter für diese geistige Auseinandersetzung, „ohne die im Text erläuterten Grundprinzipien durch verschiedene Themenfelder im Detail zu buchstabieren.“

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Den Vortrag im Wortlaut können Sie nachlesen unter http://www.ekd.de/synode2005/schwerpunktthema.html

Es gilt das gesprochene Wort
Weltkulturerbe: Glaube – Liebe – Hoffnung
Wolfgang Huber gibt vor der Synode Bericht

Barmherzigkeit mit den Zweiflern hat sich der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in seinem Bericht vor der Synode gewünscht. In dem mündlich vorgetragenen Teil des Ratsberichts bei der 4. Tagung der 10. Synode erklärt der Berliner Bischof, dass die Kirche den Menschen Gewissheit vermitteln wolle: „Diese Gewissheit verbindet unsere Kirche deshalb zu einer fröhlichen und zuversichtlichen Gemeinschaft der Glaubenden, weil in ihr die Barmherzigkeit mit den Zweiflern und auch mit unseren eigenen Zweifeln Raum hat.“

Neue Herausforderungen, Erfahrungen in der Kirche, die Situation der Menschen und den Weg der weltweiten Christenheit hat Huber in seinem Bericht angerissen. Er beschreibt spürbare Veränderungen in der Mediengesellschaft, in der ein neues Fragen und Suchen nach Religion zu spüren sei: „Es fällt uns gerade in der evangelischen Kirche nicht leicht, diese Veränderungen angemessen zu deuten.“ Neue Herausforderungen würden die kirchliche Lage prägen, beschreibt der Ratsvorsitzende die Situation. Viele Menschen seien auf ungewohnten Pfaden zu den Fragen und Antworten des Glaubens unterwegs. „Die Reaktion auf die großen Katastrophen zeigt das ebenso wie der Boom moderner Ratgeberliteratur, christliche Literatur durchaus eingeschlossen. Das Interesse an christlichen Bildungsangeboten weist ebenso in diese Richtung wie die neue Zuwendung zur Spiritualität,“ so Wolfgang Huber. Der christliche Glaube sei eine Weggemeinschaft und alles Nachdenken über die Zukunft der Kirche müsse sich am Auftrag zur Weitergabe des Glaubens ausrichten; alle Perspektivarbeit braucht deshalb eine theologische Grundlegung. Strukturüberlegungen, die sich nur am Rückgang der Gemeindegliederzahlen und der finanziellen Möglichkeiten orientieren, griffen zu kurz.

Als dramatisch bezeichnete der Ratsvorsitzende die Lage der Familie: Das Lebensmodell Familie befinde sich in einer Krise. Dabei sei die notwendige Korrektur nicht mit Einzelmaßnahmen zu erreichen, sondern es brauche einen Mentalitätswandel: „Nur wenn Menschen von sich aus Ja zur Familie sagen, werden sie in einer Familie leben.“

Bei den ökumenischen Herausforderungen bringe die evangelische Kirche ihr eigenes Profil ein, zu dessen Stärken die Ausrichtung an Gottes lebendigem Wort ebenso gehöre wie die Bereitschaft, Glauben und Vernunft, Frömmigkeit und Aufklärung miteinander zu verbinden und nicht auseinander treten zu lassen. Die Kirche suche die Nähe zu den Menschen und den Debatten, die sie bewegen. Angstfrei treten evangelischen Christen mit ihren Glaubensüberzeugung in den Dialog mit Wissenschaft und Kultur: „So versuchen wir, das Weltkulturerbe von Glaube, Hoffnung und Liebe für unsere Zeit fruchtbar zu machen.“

Hannover/Berlin, 5. November 2005
Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Lebendige Kirche gestalten
Rat der EKD legt schriftlichen Bericht vor

Über die Arbeit des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im vergangenen Jahr hat der Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, am Sonntag, den 6. November, in Berlin vor der 4. Tagung der 10. EKD-Synode berichtet. Im schriftlich vorgelegten Teil des Ratsberichtes beleuchtet er, wie lebendige Kirche in der Praxis kirchlichen und christlichen Lebens, in der geschichtlichen Verantwortung und in der politischen Situation gestaltet werden kann. Dabei erwähnt der Ratsvorsitzende unter anderem die Begegnungen mit der katholischen Kirche, die Bundestagswahl, die Debatte um Sterbehilfe und Fragen der multikulturellen Gesellschaft.

Der Tod und die Neuwahl des Papstes wie auch der Weltjugendtag haben enorme mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen, erklärt Huber. „Die auch an anderen Orten in der Gesellschaft beobachtbare Wiederkehr des Religiösen in die öffentliche Diskussion ist ein Gewinn für die Kirchen in unserem Land.“ Damit einher gehe eine Tendenz zur konfessionellen Profilierung. Die „Ökumene der Profile“ bedeute aus evangelischer Sicht einerseits, „die sich aus der Besinnung auf die protestantischen Wurzeln ergebenen Einsichten klar und gelassen zu verdeutlichen.“ Zugleich sollten sich evangelische Christen bewusst bleiben, dass die Bibel die gemeinsame Grundlage aller Christen und Grundlage des missionarischen Auftrages zur Verkündigung von Gottes Wort sei. Auf dieser Grundlage seien Wege zu immer größerer Einheit in der Vielfalt der Christen in aller Welt zu suchen. Bei der Trauerfeier für den Gründer der Gemeinschaft von Taizé, den Protestanten Roger Schutz, am 23. August habe sich die neue Atmosphäre in der ökumenischen Situation gezeigt, so der Ratsvorsitzende. „Die Repräsentanten protestantischer und orthodoxer Kirchen waren teilweise von der Teilnahme an der Mahlfeier ausdrücklich ausgeladen.“

Das Ergebnis der Bundestagswahl habe deutlich gemacht, dass „die Bürgerinnen und Bürger eine breite und stabile parlamentarische Mehrheit befürworten, die in der Lage ist, die Schritte einzuleiten, die für die Zukunftsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme in unserem Land und die Erhaltung politischer Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten nötig sind.“ Die Stimmen der Kirchen und gesellschaftlicher Gruppen seien in dem tief greifenden Reformprozess auch in Zukunft unverzichtbar, ebenso wie eine kritisch-konstruktive parlamentarische Opposition. Für die EKD stehen besonders der „gerecht ausgestaltete Umbau der sozialen Sicherungssysteme und die Fortgeltung des sozialen Ausgleichs in der Steuerpolitik im Mittelpunkt.“ Die evangelische Kirche werde ferner für den Schutz des Lebens an seinem Beginn wie seinem Ende und für eine zukunftsfähige Familien- und Generationenpolitik eintreten.

Zur aktuellen Debatte über Sterbebegleitung und die Verbindlichkeit, Reichweit und Wirksamkeit von Patientenverfügungen habe die Kammer der EKD für Öffentliche Verantwortung mit der auf Bitten des Rates erstellten Text „Sterben hat seine Zeit. Überlegungen zum Umgang mit Patientenverfügungen aus evangelischer Sicht“ einen wichtigen Beitrag geleistet. Der Text betone, dass die Selbstbestimmung des Patienten und die Fürsorge für ihn verbunden und aufeinander bezogen werden müssen. Die Kammer plädiere dafür, auch nonverbale Aussagen zu beachten. „Zur sachgemäßen Auslegung und Anwendung von Patientenverfügungen wird deshalb ein gemeinsames Gespräch von Ärzten, Angehörigen, Pflegepersonen, Seelsorgern und Betreuern empfohlen.“

Die „multikulturelle Gesellschaft“ gerate immer wieder in die Diskussion, so Huber. Ob die Integration von Menschen mit anderer religiöser und kultureller Herkunft in den letzten Jahrzehnten als hinreichend gelungen bezeichnet werden könne, stehe weiterhin zur Frage. Immer klarer trete die Erkenntnis hervor, dass die „Konfrontation mit der Wahrheitsfrage“ nicht aus dem Dialog ausgeklammert werden dürfe. „Gerade im Gespräch mit Menschen aus anderen Religionen und Kulturen muss das je eigene Profil deutlich herausgestellt werden.“

Berlin, 5. November 2005
Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Hinweise:

-> Bericht des Rates
-> Berichterstattung zur Synode