Eine Insel sammelt für die "Königin der Instrumente"

Nachricht 12. Juli 2005

Norderney braucht eine neue Kirchenorgel und sucht Pfeifen-Paten

Von Jörg Nielsen (epd)

Norderney (epd). Eine Insel ist im Sammelfieber. Ob in der Milchbar an der Strandpromenade oder im Edeka-Markt im Zentrum, des Ortes - überall auf Norderney, wo Menschen sind, steht auch eine "Orgel-Spardose". Denn die evangelische Inselkirche braucht ein neues Instrument. Die gerade erst 35 Jahre alte Kirchenorgel aus DDR-Produktion geht im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Leim: Nahezu alle Holzpfeifen werden nur noch mit Klebeband zusammengehalten, weil der Holzleim sein Klebekraft verloren hat.

"Das alte Ding ist einfach hin!", sagt Inselkantor Marc Waskowiak (29) und greift zum Beweis in die Tasten. Statt eines satten Klanges ist nur ein Pfeifen zu hören, das wie ein Loch im Fahrradreifen klingt.
320.000 Euro soll das neue Instrument aus der Werkstatt des Orgelbaumeisters Harm Kirschner im ostfriesischen Weener kosten. Die alte Orgel zu reparieren, ist sinnlos: 70.000 D-Mark hat sie 1970 gekostet, als sie im sächsischen Bautzen für die Insel gebaut wurde.
Eine Reparatur wäre fast so teuer wie ein Neubau - aber ohne die Gewissheit, am Ende wieder eine "Königin der Instrumente" zu haben.

"Das Geld kriegen wir zusammen", sagt Kirchenvorsteherin Helga Albers überzeugt und weist auf eine riesige Orgelpfeife, die als Spendenbarometer neben dem Portal der evangelischen Kirche lehnt: Auf 83.000 Euro steht der Zeiger bereits. Wann immer etwas in der Kirche los ist, steht die 68-Jährige bei Wind und Wetter in der "Orgel-Bau-Hütte". Hier verkauft sie Norderneyer Orgelwein, Postkarten, Kerzen, "dütt un datt" und schenkt Getränke aus.

Auch Patenschaften für die 1.500 neuen Orgelpfeifen kann man bei Albers erwerben. Ab 50 Euro für die ganz kleinen Pfeifen gibt es eine Urkunde, auf der die gespendete Pfeife verzeichnet ist. Greift der Spender tiefer in die Tasche, wird ab 100 Euro auch sein Name auf die neue Pfeife graviert.

"Alle Musiker und Künstler treten derzeit ohne Gage auf. Der Eintritt geht voll in die Orgelkasse", berichtet Waskowiak. Mehr als 45 Konzerte organisiert der engagierte Kirchenmusiker in der Saison - an den meisten ist er selbst als Künstler beteiligt. Damit die Konzerte auch immer gut besucht sind, wagt er sich auch an ungewöhnliche
Projekte: So hat er traditionelle Gospels neu arrangieren lassen und führt sie nun mit dem Norderneyer Gospelchor "Starfish Singers" und dem Warschauer Symphonie-Orchester mit großem Erfolg auf.

Großes hat sich der junge Kantor für das kommende Jahr vorgenommen:
Dann will er mit seiner Kantorei, Urlaubern und dem Warschauer Orchester innerhalb einer Woche die Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart erarbeiten und im August in der Inselkirche aufführen - natürlich zu Gunsten der Orgelkasse. Internet: www.kirchenmusik-norderney.de. (epd
Niedersachsen-Bremen/b2338/11.07.05)
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