Vielfalt zwischen Harz und Nordsee

Nachricht 17. Mai 2005

Deutschlands größte Landeskirche empfängt den Kirchentag

Von Michael Grau (epd) =

Hannover (epd). Zum vierten Mal ist der Deutsche Evangelische Kirchentag Ende Mai in Hannover zu Gast in Deutschlands größter Landeskirche. Rund 3,1 Millionen Protestanten in fast 1.400 Gemeinden gehören zur hannoverschen Landeskirche zwischen Harz und Nordsee, Ems und Elbe. Seit rund 450 Jahren sind die Menschen hier überwiegend evangelisch-lutherisch. Die Landeskirche, die etwa drei Viertel Niedersachsens bedeckt, ist protestantisches Kernland.

"Es ist hier nie langweilig, ob zu Hause in Hannover oder bei meinen vielen Besuchen landauf landab", sagt Bischöfin Margot Käßmann über ihre Kirche. Die Menschen im flachen Norden seien alles andere als spröde: "Meine ersten Jahre im Amt waren voller Überraschungen." Käßmann, die 1999 aus Hessen in die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers kam, verweist auf die Vielzahl an Traditionen in der Landeskirche.

So haben Teile der Lüneburger Heide im 19. Jahrhundert eine lutherische Erweckung erlebt, die bis heute lebendig ist. In Hermannsburg bei Celle feiert das Evangelisch-lutherische Missionswerk, gegründet von Pastor Ludwig Harms (1808-1865), Jahr für Jahr sein Missionsfest. Eine eigene Prägung haben auch die Gemeinden Ostfrieslands nahe der Nordseeküste: Sie waren stets auf ihre Eigenständigkeit bedacht und ließen sich von der Kirchenleitung im fernen Hannover nicht gern an die Leine legen.

Pulsierendes Studentenleben findet sich im Süden des Landes in der Universitätsstadt Göttingen: Hier studiert ein Großteil der späteren hannoverschen Pastoren. Das geistliche und geistige Zentrum der Landeskirche liegt aber nicht in einer Stadt, sondern zwischen Weser und Steinhuder Meer: Hier gründeten Zisterzienser 1163 das Kloster Loccum, und hier siedelte Bischof Hanns Lilje (1899-1977) im Jahr 1952 die Evangelische Akademie Loccum an.

Seither treffen sich dort Politiker, Wissenschaftler oder Künstler zu etwa 100 Tagungen im Jahr. Der Loccumer Abt und hannoversche Oberkonsistorialrat Gerhard Uhlhorn (1826-1901) beschrieb das geistige Klima in der Landeskirche einmal als "ein bestimmtes und klares, aber mildes und jedem Extrem abholdes Luthertum".

Interessen werden hier ausbalanciert, Entscheidungen nach Möglichkeit im Konsens getroffen. Konservative Hardliner haben es im Hannoverschen deshalb genauso schwer wie radikale Reformer: "Abgehobene Gedankenspiele finden bei uns wenig Publikum", sagt Eckhart von Vietinghoff, der seit 1984 an der Spitze der Kirchenverwaltung steht.
"Niedersachsen sind nüchterne und darum verlässliche Leute." (epd
Niedersachsen-Bremen/b1465/11.05.05)
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