Und lass uns nicht entkommen!
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Zitternd sitzt sie auf dem Sofa. Stumm schreit der Schmerz aus ihren Augen. Die Worte des Polizisten sind sachlich: „Die genaue Todesursache steht noch nicht fest, aber wir gehen davon aus, dass...“
Natürlich lassen sich offensichtliche Gründe finden: Zu viel Alkohol, zu ungesund gelebt. Und dann die Beruhigungstabletten. Wer weiß... Natürlich lassen sich Schuldige finden: Der Arbeitgeber, der seinen Urlaub nicht genehmigt hat. Die Freundin?
All das hilft der Mutter nicht. Ihr Kind wird nicht wieder lebendig und ihr Schmerz wird bleiben. Kein Entkommen mehr! Da nimmt der Dolmetscher die Frau in den Arm. Über den beiden hängt der tote Jesus an der Wand.
„Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Rachen des Todes und du hörtest meine Stimme.“
Nach dem Einsatz stehe ich mit dem Dolmetscher vor dem Häuserblock. Wir beide sind froh es hinter uns lassen zu können. Er zieht an seiner Zigarette und schaut durch zusammengekniffene Augen auf die Siedlung. Dann berichtet er von den 15 Stundentagen, von den Schwierigkeiten der Gastarbeiter die eigenen Rechte einzufordern, von der schlechten Bezahlung. In meiner Kleidung hängt der Geruch der armen Leute und ich schäme mich für mein Beamtengehalt.
Wir beide schweigen. Der junge Mann hätte nicht sterben müssen, wenn die Lebensumstände barmherziger gewesen wären! Die Sonne scheint mit goldenem Licht.
„Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den HERRN, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel.“
Eine Woche nach dem Einsatz sitze ich in einer Konferenz. Es geht um die Zukunft unserer Kirche. Wir streiten uns um Gemeindehäuser und Pfarrstellen. Haben wir nichts Besseres zu tun? Ich lese in der Bibel, wie Gott seine Propheten immer wieder hart rannimmt. Als Jona von ihm wegrennt, da lässt er ihn ins Meer schmeißen und von einem Fisch verschlucken: „Denk an Deinen Auftrag, Jona!!!“
Sollten unsere Gebete nicht darum kreisen? Dass Gott uns nicht entkommen lässt! Dass er nicht lockerlässt, bis wir seinen Auftrag ins Zentrum setzen! „Ob Du – Gott – überhaupt noch etwas von uns erwartest?“ Diese Frage wird doch erlaubt sein, oder?
„Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen dem HERRN, der mir geholfen hat.“
Amen.
Christian Plitzko