Chigarumamidi. Vermutlich niemand bei uns weiß, wo das liegt, geschweige denn, dass dort über Martin Luther gesprochen wird. Umgekehrt weiß in Chigurumamidi kaum jemand, wo Deutschland liegt. Trotzdem werden wir als gute Freunde mit Blumenkränzen, Tanz und Liedern überaus herzlich begrüßt. "Rerela, gepriesen sei der Herr!" schicken helle Stimmen und laute Trommeln zu den schlichten Hütten der Nachbarn im Stammesdorf und über das weite Flusstal der Godavari.
Wir sind in Südindien, in Andhra Pradesh.
Etwa fünfzig Christen sammeln sich in der kleinen Kirchenhütte mit Blätterdach. Sie hocken sich auf den Boden. Bunte Weihnachtsdeko mit Stern, Girlanden und flimmernden Lichterketten zieren Decke und Altar. Zeitungen und Stoffbahnen sollen vor Wind und Ungeziefer schützen, die durch die Bambusmatten dringen. Eine Mutter stillt ihr Baby, verdeckt unter dem Schal eines schlichten Baumwollsaris. Ein gebückter Mann mit wüster Bartpracht steht auf einem Stock gestützt am Ausgang. Wer hier 65 wird, ist steinalt. Es ist Winter. Während wir schwitzen, tragen einige Wollmützen. Die Frauen bedecken ihre Haare beim Gebet, ein Junge begleitet den kräftigen Gesang auf einer Bongo.