Niedersachsen will 300 Millionen Euro für Flüchtlinge bereitstellen - Pistorius: „Wir werden es schaffen.“
Angesichts der Flüchtlingsströme nach Europa will die niedersächsische Landesregierung über einen Nachtragshaushalt weitere 300 Millionen Euro für die Aufnahme der Menschen zur Verfügung stellen.
„Wir empfinden es als unsere Verpflichtung, die Menschen, die zu uns kommen, respektvoll zu behandeln“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in Hannover. „Die Flüchtlinge sind in vielen Fällen die Nachbarn von morgen, und das muss unsere Arbeit bestimmen.“
Kern des Nachtragsetats ist eine Zahlung von 180 Millionen Euro an die Kommunen, die aus 2016 ins laufende Jahr vorgezogen wird. Zudem will das Land in den nächsten Monaten weitere rund 6.000 Plätze für die Erstaufnahme schaffen, so dass dann etwa 16.000 Plätze zur Verfügung stehen. „Das ist eine enorme Kraftanstrengung, logistisch, baulich und finanziell“, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD). „Aber wir werden es schaffen.“
Dafür sind rund 30 Millionen Euro vorgesehen. Mit weiteren 40 Millionen sollen landeseigene Gebäude saniert werden, damit sie als Flüchtlingsunterkünfte dienen können. Auch im nächsten Jahr werde der Zustrom von Flüchtlingen das Land vor Herausforderungen stellen, sagte Pistorius: „Wir sind noch nicht am Ende der Entwicklung.“
An den Schulen des Landes soll bis zum nächsten Jahr die Zahl der Sprachlernklassen für Flüchtlingskinder von 300 auf 550 nahezu verdoppelt werden - sie war erst vor kurzem auf 300 erhöht worden. Für die Sprachförderung sind für dieses Jahr zehn Millionen Euro und für 2016 weitere 40 Millionen eingeplant. Das entspricht insgesamt rund 700 zusätzlichen Stellen. „Für die Integration ist die Sprachförderung der Dreh- und Angelpunkt“, betonte Weil. Vor allem an Gesamtschulen will das Land verstärkt Sozialarbeiter einsetzen.
Mit rund fünf Millionen Euro will die Landesregierung außerdem Sprachkurse für Erwachsene fördern. Sie sollen bis Ende 2016 rund 40.000 Flüchtlinge erreichen, erläuterte Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne).
Im Sozialressort sollen fünf Millionen Euro die Flüchtlingssozialarbeit weiter ankurbeln. „Wer zu uns kommt, weiß in der Regel nicht, an welche Stellen er sich wenden soll und wo er Hilfe bekommt“, sagte Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD). Eine weitere Million soll Ehrenamtliche unterstützen, die sich in Kirchengemeinden oder Initiativen für Flüchtlinge einsetzen.
Weitere Mittel sind für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bestimmt. Für das kommende Jahr erwartet das Land etwa 2.200 Jugendliche, die allein unterwegs sind, sagte Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne). „Die Betroffenen sind regelmäßig einsam und traumatisiert.“ Sie müssten rasch und unbürokratisch einen Vormund erhalten, der sie begleitet. Dafür sollen noch in diesem Jahr zehn Vormundschaftsrichter bereitgestellt werden. „Es geht darum, den Kindern einen sicheren Rahmen zu geben.“
Der Nachtragshaushalt soll nach den Plänen der rot-grünen Koalition im Oktober verabschiedet werden. Er kommt ohne neue Kredite aus und wird allein aus den guten Steuereinnahmen gegenfinanziert, erläutere Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD).
epd