Eine Diskussion - nicht nur in Hannover

Der Medizinethiker Professor Eckhard Nagel hat sich gegen die Spätabtreibung lebensfähiger behinderter Kinder gewandt. „Eine Gesellschaft, die nicht stolz ist auf ihre Mitglieder, die mit Einschränkungen leben müssen, hat keine Zukunftsperspektive“, sagte Nagel in einem Interview der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Er lehne einen Schwangerschaftsabbruch bei einem Kind mit genetisch diagnostiziertem Down-Syndrom nach der zwölften Woche ab. Hintergrund ist eine Debatte über späte Schwangerschaftsabbrüche in evangelischen Krankenhäusern.
Nach Angaben ihrer Vertreter beraten die Diakonie in Niedersachsen und evangelische Verbände derzeit über Leitlinien. Bundesweit hatte sich die Zahl der Spätabtreibungen nach der 22. Woche nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr insgesamt verdoppelt. Wie viele Einrichtungen in evangelischer Trägerschaft einen Schwangerschaftsabbruch nach einer so langen Zeit ausführten, sei noch nicht bekannt, sagte Pastor Norbert Groß, Verbandsdirektor des Evangelischen Krankenhausverbandes in Berlin.
Späte Schwangerschaftsabbrüche seien in evangelischen Krankenhäusern die Ausnahme: „Aber auch ein Einzelfall kann einer zu viel sein, so dass angezweifelt wird, ob wir noch für den Schutz des Lebens eintreten“, sagte Groß. Andererseits löse es die Probleme nicht, Frauen einfach an Kliniken anderer Träger zu verweisen.
In den evangelischen Krankenhäusern Hannovers wird derzeit über Spätabbrüche diskutiert, nachdem die Zahl der Fälle ab der 14. Woche dort zuletzt gestiegen war. Mit einem Ethiktag hat ihr Träger, die Diakonischen Dienste Hannover, am 16. November diesen Konflikt thematisiert.
Nagel sagte, christliche Krankenhäuser seien bei Abbrüchen nach der zwölften Woche generell sehr zurückhaltend. Die moderne Pränataldiagnostik müsse sich fragen lassen, was sie dazu beitrage, dass die Zahl der späten Abbrüche in den vergangenen Jahren ständig gestiegen sei: „Da läuft etwas falsch.“