Die Landessynode hat im Juni 2011 erstmals ein Papier zu Fragen der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung beschlossen. Wie in Wietze gibt es auch in anderen Gemeinden Konflikte, wenn große Stallanlagen gebaut werden, erläuterte Bettina Siegmund vom Umwelt und Bauausschuss. Die Stellungnahme wägt wirtschaftliche Zwänge für die Bauern und die Sicherung der Versorgung mit Nahrungsmitteln ebenso ab wie den Tier- und Umweltschutz und globale Auswirkungen der Tierhaltung in Großanlagen. „Nicht jede landwirtschaftliche Nutztierhaltung hat zwangsläufig negative ökologische Folgen“, betonte Siegmund.
Die promovierte Agraringenieurin verwies jedoch auch auf den weltweit steigenden Fleischverbrauch, der sich allein in Deutschland seit den 1950er
Jahren mehr als verdoppelt hat. Die Welternährungsorganisation hält laut Siegmund die Tierhaltung mittlerweile für einen der größten Verursacher globaler Umweltprobleme. Bei der Nutztierhaltung müssen das Wohl der Tiere beachtet und bestimmte soziale und umweltethische Anforderungen erfüllt werden, fordert die Synode. Dafür stellt sie Maßstäbe auf, die Gewissensentscheidungen erleichtern sollen. Sie wirbt für eine neue Verbraucher-Ethik. Es sollte besser darüber aufgeklärt werden, dass niedrige Preise beim Fleisch mit negativen Umweltauswirkungen erkauft werden. Die anstehende Reform der EU-Agrarpolitik sollte vor allem Landwirte belohnen, die sich um Umweltverträglichkeit und gute Lebensbedingungen für die Tiere bemühen. Auch die Betreiber von Mastanlagen müssten sich in der Pflicht sehen.
Die Stellungnahme soll Kirchengemeinden Orientierung geben und an landwirtschaftliche Verbände sowie das niedersächsische Landwirtschaftsministerium geschickt werden. Ausführlich erörtert das Papier, an dem auch der Ausschuss für Theologie, Kirche und Mission mitgewirkt hat, theologische Fragen zum Zusammenleben zwischen Mensch und Tier. Zu Wietze heißt es: Es sei zweifelhaft, ob in solchen Großanlagen in heutiger Form die Anforderungen erfüllt bleiben. Susanne Briese lobte den Beschluss: „Damit kann ich gut nach Hause gehen und weiter dort mit Landwirten und Menschen in der Kirchengemeinde diskutieren.“ Die Stellungnahme formuliere klare Kriterien und Maßstäbe. Damit helfe sie, Entscheidungen zu treffen.
Philipp Meyer sagte, er sei seit 25 Jahren Vegetarier. „Da entsteht leicht der
Mythos, man sei ein besserer Mensch, auch wenn man es selbst nicht so sieht. Ich will die Vegetarierbotschaft nicht missionarisch nehmen.“ Das Aktenstück zeichne sich gerade durch seine Differenziertheit aus, unterstrich der Hamelner Superintendent. „Es ist wichtig, zu sagen, dass es hier keine ideale Position gibt.“ Alles andere erschwere nur die Kommunikation. „Wir müssen uns aber fragen: Was sind wir uns selbst schuldig und den Lebewesen, denen wir begegnen?“
Oberlandeskirchenrat Rainer Kiefer wies darauf hin, dass das Haus kirchlicher Dienste, dessen Fachstellen den Umwelt- und Bauausschuss beraten hatten, eine Broschüre zur Nutztierhaltung plant. Darin sollen der Synodenbeschluss sowie die Ergebnisse eines Fachtages veröffentlicht werden.