2015_09_11_schmal

Bild: EMSZ/ Diana Schild

Flüchtlinge

Kirchen sollten bei Sorgen um Flüchtlingszahlen Mittler sein

Kinderhaus der Inneren Mission Friedland
Kinderhaus der Inneren Mission Friedland. Foto: Innere Mission.

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen sollten die Kirchen nach Ansicht des leitenden evangelischen Theologen Arend de Vries, bei Ängsten vermitteln. In den Kirchengemeinden engagierten sich derzeit viele Menschen für die Flüchtlingshilfe, sagte der Geistliche Vizepräsident des hannoverschen Landeskirchenamtes.

„Es ist absolut erfreulich, wie es gelingt als Kirche gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren zu wirken“, unterstrich er vor und 350 Pastorinnen und Pastoren aus dem evangelischen Kirchensprengel Lüneburg.

Gleichzeitig mehrten sich aber warnende Stimmen, die Welle der Hilfsbereitschaft könnte abnehmen, sagte de Vries. „Wir sind uns bewusst, dass die Stimmung kippen könnte.“ Helfer sähen sich am Anschlag ihrer Kräfte und es gebe auch berechtigte Sorgen von Menschen, die sich benachteiligt fühlten. „Dies alles darf sich nicht gegen die Menschen richten, die hier herkommen“, mahnte der Theologe bei der jährlichen Vollversammlung der Pastoren. Er rief dazu auf, sich langfristig für die Integration der Zuwanderer einzusetzen.

Auch die Landeskirche wolle ihr Engagement weiter ausbauen. Unter anderem sollten von der Diakonie betriebene Erstaufnahmen gefördert werden, sagte de Vries. In ganz Niedersachsen werde in den kommenden drei Wochen in den Gottesdiensten gezielt für die Flüchtlingshilfe in den Gemeinden Geld gesammelt. Die Landeskirche denke zudem darüber nach, Fachkräfte vorübergehend freizustellen, damit diese dringende Aufgaben in der Flüchtlingsarbeit übernehmen könnten.

Der Lüneburger Regionalbischof Dieter Rathing berichtete vom Engagement auf vielen Ebenen. Rathing hatte im Herbst und Winter 2015 mehrere Handwerksbetriebe in der Kirchenregion besucht. Das Handwerk wolle sich ebenfalls für die Integration von Flüchtlingen einsetzen, sagte er.

epd

Überblick und Austausch über die Flüchtlingsangebote in der hannoverschen Landeskirche

Wort an die Gemeinden:
Landesbischof Meister bittet um Engagement für Flüchtlinge

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Landesbischof Ralf Meister; Bild: Jens Schulze

Hannover (epd), August 2015

In einem per Mail verschickten Brief an die knapp 1.300 Gemeinden der hannoverschen Landeskirche hat Landesbischof Ralf Meister dazu aufgerufen, sich für Flüchtlinge einzusetzen. Jeder könne auch mit bescheidenen Mitteln dazu beitragen, dass die Stimmung im Land gegenüber Flüchtlingen offen und willkommen bleibe, schreibt der evangelische Theologe in seinem "Wort an die Gemeinden", das am Sonntag in den Gottesdiensten verlesen werden soll. "Widersprechen Sie Stammtischparolen in Ihrer Nachbarschaft, beim Einkaufen und bei der Arbeit."
Die Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte seien "schändlich", betont Meister. Menschen, die aus Kriegsgebieten geflohen seien und jahrelang unmittelbar Gewalt erlebten, würden in Deutschland erneut massiv ausgegrenzt, stigmatisiert und gewaltsam angegriffen. "Dumpfe Parolen, die Vorurteile schüren, vergiften das Klima der Solidarität und diskriminieren Menschen."
Zudem müssten sich die Schlagzeilen ändern, schreibt Meister. Auf jede rechtsradikale Aktion, über die breit berichtet werde, kämen weitaus mehr ehrenamtliche Unterstützungsmaßnahmen. "Darüber muss geredet werden, damit das Bild in der öffentlichen Wahrnehmung sich nicht verschiebt."
Der Landesbischof dankte den Gemeinden und Kirchenkreisen für ihr ehren- und hauptamtliches Engagement. "Ich danke für die Zeit, die viele von Ihnen den Menschen schenken, die zu uns kommen." Zu den Diensten an vielen Stellen zählten Essensausgaben, Bettenaufbau, Kleidersammlungen oder Übersetzungsarbeiten. "Niedersachsen hat eine jahrzehntelange Erfahrung in der Aufnahme von Flüchtlingen, die durch politisches Handeln, vor allem aber durch die konkrete Hilfe von Menschen vor Ort gestaltet wurde."

Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Langjähriges kontinuierliches Engagement in Gemeinden und Kirchenkreisen

Lagerkapelle Friedland
Lagerkapelle Friedland. Foto: Innere Mission.

In der Landeskirche gibt es seit Jahren kontinuierliches Engagement zur Flüchtlingsthematik. Viele Kirchengemeinden und Kirchenkreise sind in dieser Hinsicht aktiv. Die Aktualität und hohe mediale Wahrnehmung des Themas ist für Gemeinden und Kirchenkreise vermehrt Anlass, dieses Engagement zu verstärken oder auch zu beginnen.

Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Einrichtungen können – auch gemeinsam mit anderen Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen – mit einer eigenen Veröffentlichung für die Situation von Flüchtlingen sensibilisieren und z.B. bei der Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft am Ort für Verständnis, Offenheit und die Bereitschaft zur Integration werben. Sie können Engagement zeigen und Unterstützung anbieten. Sie können an Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker appellieren, notwendige Hilfen zur Verfügung zu stellen und bereits bestehende Initiativen zu fördern.

Was können Kirchengemeinden tun?

Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Einrichtungen können ihre Räume für Informationsveranstaltungen anbieten und solche Veranstaltungen bei Bedarf auch moderieren. Sie können ihre Netzwerke in Kommunen und Landkreisen nutzen und ausbauen, um gemeinsam Hilfen zu organisieren. Beispiele sind das Bereitstellen von Informationen zur ersten Orientierung am Ort, Hilfsadressen, Busfahrplänen und Spielsachen für ankommende Flüchtlingsfamilien.

Veranstaltungsangebote wie Feste, Ausflüge und Freizeitaktivitäten bieten Kontaktmöglichkeiten für Flüchtlingsfamilien und Einheimische. Weitergehende materielle Hilfen sollten über Beratungsstellen der Diakonie in den Kirchenkreisen und mit anderen Fachstellen für Migration koordiniert werden. Dort ist vielfach auch Beratung in Rechtsfragen zu erhalten. Für Beratung in besonders prekären Situationen einzelner Flüchtlinge stehen das Diakonische Werk der Landeskirche und das Landeskirchenamt zur Verfügung.

Nachbarschaftshilfe

Kirchengemeinden und Kirchenkreise können zu nachbarschaftlicher Hilfe ermutigen und sich als Ort des Austausches und der Vernetzung anbieten. Sie können ihre religiösen und kulturellen Kompetenzen nutzen, um Verständigung zu fördern und Brücken zu bauen. Dazu tragen auch internationale Gottesdienste und weitere Angebote bei. Nach Möglichkeit sollten Migrationsgemeinden vor Ort einbezogen werden. Ökumenische Zusammenarbeit bietet sich auch im Blick auf andere Möglichkeiten der Flüchtlingshilfe an.

Ansprechpartner für Freiwilligenengagement zum Thema, ökumenische Netzwerke und Migrationsgemeinden: Lars-Torsten Nolte, Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Tel: 0511-1241-689 Fax: 0511-1241-974 nolte@kirchliche-dienste.de

„Nicht taten-los sein“

Wir können die politischen Probleme nicht lösen. Die Angst vor dem IS im Nahen Osten, die Perspektivlosigkeit auf dem Balkan, die Not in Afrika - die Politik ist überfordert. Es fällt uns sogar schwer, Antworten auf einzelne Fragen zu geben. Sollen alle zu uns kommen? Nein, das können sie nicht. Wer darf bleiben? Das ist schwer zu entscheiden. Warum habt Ihr Kirchenasyl? Weil es eine Gewissensentscheidung ist, aber wir tun uns schwer damit. Wir dürfen rat-los sein, aber nicht hilf-los und schon gar nicht taten-los sein. Uns bleibt nichts anderes, als dem zu folgen, was Jesus gesagt hat: "Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen". (Matthäusevangelium, Kapitel 25,35)

Jan von Lingen, Superintendent im Kirchenkreis Leine-Solling

Pressearbeit

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Foto: Jens Schulze, epd-Bild.

Kirchenkreise können über ihre Presse- und Medienkontakte auf ihre Arbeit für Flüchtlinge hinweisen, Gesprächspartner für Interviews und Portraits vermitteln und im Kontakt mit der Presse begleiten.

Dabei können die Beauftragten für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Kirchenkreisen und Sprengeln beraten. Ansprechpersonen sind im Redaktionsservice der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers genannt.