Antisemitismus

Eine Sünde gegen Gott

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„Antisemitismus ist eine Sünde gegen Gott und die Menschheit“, so formulierte es der Ökumenische Rat der Kirchen 1948. Seitdem beziehen die Kirchen immer wieder neu Stellung. Denn: „Jesus von Nazareth wird verraten, wenn Glieder des jüdischen Volkes, in dem er zur Welt kam, als Juden missachtet werden.“

Der spezifisch christliche Ausdruck von Antisemitismus ist Antijudaismus. Ihn gibt es seit der Entstehung des Christentums. Antijudaismus liegt vor, wenn z.B. Juden als Gottesmörder diffamiert, Pharisäer mit Heuchlern identifiziert werden, der Gott der Hebräischen Bibel als ein Gott der Rache, der Gott des Neuen Testaments dem gegenüber als ein Gott der Liebe gesehen wird oder die Vorstellung besteht, das Christentum sei eine höher entwickelte Religion. Der französische Historiker Jules Isaac bezeichnete diese Vorstellungen als Lehre der Verachtung. Seit mehreren Jahrzehnten bemühen sich Theolog*innen und Pfarrer*innen, diese judenfeindlichen Vorstellungen in Lehre und Praxis aufzudecken und zu korrigieren.

"Jude" ist wieder ein Schimpfwort geworden

Antisemitismus ist ein Problem in unserer Gesellschaft. Ungefähr 20% der Bevölkerung haben eine latent judenfeindliche Einstellung. Antisemitismus kann auch dann vorliegen, wenn kein antisemitisches Weltbild vorhanden ist. So gibt es z.B. viele jüdische Kinder, die in der Schule verschweigen, dass sie jüdisch sind. Denn: „Jude“, ist wieder ein Schimpfwort geworden. Immer wieder ist es auf Schulhöfen als Beleidigung zu hören.

Antisemitismus gibt es in vielen Facetten: u.a. religiös, politisch und am häufigsten in Form von sogenannter „Israelkritik.“ Kritik an der Politik des Staates Israel ist nicht per se antisemitisch. Jedoch ist zu prüfen, ob sie „ohne jeglichen antisemitischen Hintergrund auskommt oder ob sie nur als Plattform für im Kern doch antisemitische Vorurteile dient.“ Kritik am Staat Israel ist dann antisemitisch, wenn z.B. ein anderer Maßstab an Israel als an andere Staaten gelegt wird oder wenn die Politik des Staates mit dem Genozid der Nationalsozialisten verglichen wird. 

Antisemitismus ist eine aktuelle Herausforderung

Die ev. Luth. Landeskirche Hannovers weiß sich „im Wissen um die Schuld unserer Kirche“ auf besondere Weise verpflichtet, „in unserer Gesellschaft, in unserer Landeskirche, in dieser Welt gegen jede Form des Antisemitismus aufzustehen, jeden Antijudaismus theologisch zu widerlegen und gegen alle Kräfte, die in unserer Gesellschaft Jüdinnen und Juden oder die jüdische Geschichte diskreditieren, zu kämpfen.“

Ralf Meister

Rabbiner Jonathan Sacks zur Veränderung von Antisemitismus