Startseite Archiv Nachricht vom 23. August 2018

„Religiöse Sprache ist hochprozentig“

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Rotenburg/Wümme. Wie ist religiöse Sprache beschaffen und was ereignet sich im Gottesdienst? Zu diesen für Pastorinnen und Pastoren wichtigen Fragen nahm  Dr. Christian Lehnert, Dichter und Theologe, in Rotenburg/Wümme vor 200 Theologen Stellung.

„Religiöse Sprache ist suchend, nicht erklärend. Sie öffnet Räume und lebt in dem Paradox, das Unsagbare, nämlich Gott, sagbar zu machen“, so der Pfarrer aus Leipzig.  Lehnert ist Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Liturgiewissenschaftlichen Instituts der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und veröffentlicht seit Jahren poetische Texte, für die er zahlreiche renommierte Preise erhielt.

Nach Ansicht des Theologen befindet sich die Kirche in einer „Sprachnot“: Einerseits seien viele Worte der christlichen Tradition „abgenutzt“ und wurden oft missbraucht, andererseits fasziniere die biblische Sprache bis heute Menschen. Erschwerend komme hinzu, dass aktuell eine „Doppel-Klick-Kommunikation“ herrsche, in der es durch die digitalen Medien scheinbar möglich sei, Wirklichkeit sofort, immer und überall per Doppel-Klick herzustellen. Religiöse Sprache habe es dagegen  mit dem Unverfügbaren zu tun. „Wir können mit unserer Sprache Gott nicht herbeizwingen. Er unterwandert dies. Mit unserer Sprache nähern wir uns ihm nur tastend. Wie einen Krater umkreisen wir ihn mit unseren Erzählungen und Bildern von ihm.“

Religiöse Sprache müsse daher poetisch sein, „die Fühler in das Unbekannte“ ausstrecke und Menschen so anspreche, dass etwas in ihnen zum Klingen komme. „Als Prediger bin ich dort wahrhaftig, wo ich auch meine Unsicherheit zeige, denn auch ich bin ein Suchender nach Gott. Meine eigene Gottesbeziehung sollte im Gottesdienst sichtbar werden.“

Die Zeiten verlässlicher Kirchlichkeit sieht Lehnert beendet, ein Weg ins noch Ungewisse liege vor der Kirche und den einzelnen Gläubigen.  Dabei sei es wichtig, die „Restreligiosität“ in der Gesellschaft mit wachen Sinnen wahrzunehmen. Sie berge oft ein „Kraftwerk“ von neuen Bildern. „Religiöse Sprache ist hochprozentig. Sie bringt Unsagbares zum Vorschein, sie spricht von Kräften, die jenseits der gedanklichen Erfahrung liegen und redet in Zeit und Gegenwart von der Ewigkeit.“

Zuvor hatte Landesbischof Ralf Meister in seiner Predigt in der Rotenburger Stadtkirche von der nahen Verwandtschaft von Predigt und Poesie gesprochen. „Pastorinnen und Pastoren sind neben Deutschlehrern vermutlich die einzigen, die noch fortwährend mit Poesie umgehen.“ Die biblischen Worte lösten immer wieder ein Ringen mit ihnen aus, Sonntag für Sonntag. Es sei eine kostbare Aufgabe, sich mit uralten Gebeten und Erzählungen an Gott zu wenden, „Gefühle auszudrücken, Trost zu spenden und selber zu erfahren.“ Religiöse Sprache solle dabei dem Anschauung geben, was oftmals unanschaulich sei.  So wie es ein Gedicht auch tue. Daher fänden Gedichte „bleibend Asyl in der Kirche“.  Alte Worte aus der Bibel, dem Gesangbuch, aber auch aus Gedichten könnten sich „ins Gedächtnis einbrennen“ und wie „ins Herz geschrieben sein.“

Der Generalkonvent des Sprengels Stade findet jährlich statt. Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy lädt in seiner Funktion als Regionalbischof dazu die mehr als 200 evangelisch-lutherischen Pastorinnen und Pastoren der hannoverschen Landeskirche zwischen Elbe und Weser ein. Neben Gottesdienst und der Beschäftigung mit der gottesdienstlichen Sprache stand in diesem Jahr auch die Diskussion über die Entwicklung des Berufes der Geistlichen sowie die Zukunft der Kirche auf dem Programm.

Öffentlichkeitsarbeit im Sprengel Stade

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