Startseite Archiv Nachricht vom 09. Juli 2018

Politik und Pazifisten würdigen verstorbenen Friedenskämpfer Baumann

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Bremen. Bremens Bürgermeister und Senatspräsident Carsten Sieling (SPD) hat den im Alter von 97 Jahren verstorbenen Friedensaktivisten Ludwig Baumann als "unverzichtbare Stimme für unsere Gesellschaft" gewürdigt. "Sein Einsatz für Frieden und Menschlichkeit verdient große Anerkennung, sein Lebenswerk ist bewundernswert", sagte Sieling am Freitag. Der Senat werde ihn ehren.

Der kirchliche Friedensbeauftragte Renke Brahms sagte, die Rehabilitation der Wehrmachtsdeserteure durch den Deutschen Bundestag sei Baumanns großes Verdienst. Dafür habe er schlimmste Anfeindungen in Kauf genommen, betonte der leitende Bremer Theologe und Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Baumann, langjähriger Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, war am Donnerstag in Bremen gestorben.

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) bezeichnete ihn in einem Nachruf als "großen Verfechter der Gewissensfreiheit". Brahms ergänzte, seine Stimme werde fehlen. "Nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass auch heute weiterhin Kriegsdienstverweigerer weltweit verfolgt und eingesperrt werden und sich Tausende vor militärischen Einsätzen in Kriegen auf die Flucht begeben müssen."

Vor allem Baumann war es, der über Jahrzehnte im Nachkriegsdeutschland trotz massivster Anfeindungen für die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren und sogenannten "Kriegsverrätern" gekämpft hatte. Neben anderen Auszeichnungen bekam er dafür bereits 1995 den Aachener Friedenspreis, 2007 den Kultur- und Friedenspreis der Bremer Villa Ichon.

Baumann war der einzige Überlebende jener 36 Initiatoren, die 1990 die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz gegründet haben. Nach dem Krieg galten noch lange die Unrechtsurteile der NS-Militärjustiz. Der Bundestag hob sie erst 1998 auf. Vier Jahre später beschloss das Parlament dann die pauschale Rehabilitierung von Deserteuren. 2009 tilgten die Abgeordneten dann noch alle Urteile der NS-Militärjustiz gegen sogenannte "Kriegsverräter".

Mit anderen Soldaten desertierte der gebürtige Hamburger 1942 als Marinegefreiter in Bordeaux. Er wurde gefasst, gefoltert und verurteilt. Zehn Monate verbrachte Baumann in der Todeszelle. Dann wurde das Urteil nach Intervention seines einflussreichen Vaters in eine zwölfjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Er kam ins Konzentrationslager, ins Wehrmachtsgefängnis Torgau und ins Strafbataillon.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen