Startseite Archiv Nachricht vom 19. Juni 2018

Künstler Lüpertz stellt "Reformationsfenster" für Hannover vor

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Hannover. Der Künstler Markus Lüpertz (77) sieht das von Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angeregte "Reformationsfenster" für die Marktkirche in Hannover als reizvolle Herausforderung. "Kirchenfenster sind für einen Künstler ein Glück", sagte er am Montagabend bei einem Info-Abend in der Kirche. "Man kann sie nicht abhängen wie in einem Museum." Wenn sie einmal eingebaut seien, blieben sie dort über Generationen. Lüpertz hatte im Frühjahr einen Entwurf für das rund 13 Meter hohe Buntglasfenster vorgelegt. Das Werk setze sich mit dem Reformator Martin Luther (1483-1546) auseinander, erläuterte der Künstler.

Altkanzler Schröder hatte angekündigt, er wolle der evangelischen Marktkirche als Ehrenbürger von Hannover das Fenster schenken. Allein die Kosten für Material, Herstellung und Einbau werden auf rund 100.000 Euro geschätzt. Zur Finanzierung will Schröder Vortragshonorare von Verbänden und Unternehmen in Deutschland weitergeben. Die meisten Fenster der spätgotischen Backsteinkirche haben bisher nur eine einfache Verglasung.

Ohne weitere Buntfenster sei "dieses großartige Bauwerk" unvollständig, betonte Lüpertz, der mit Schröder befreundet ist. Der Maler, Grafiker und Bildhauer gehört zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Gegenwart. Er hat bereits mehrere Buntglasfenster für Kirchen entworfen, unter anderem in Köln, Lübeck und im französischen Nevers.

Sein Entwurf zeigt unter anderem eine weiße Gestalt und fünf Fliegen. Vor allem diese hätten bei den Betrachtern für Irritationen gesorgt, erläuterte Marktkirchen-Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann. Lüpertz sagte, einer Legende zufolge habe Luther einst mit einem Tintenfass nach dem Teufel in Form einer Fliege geworfen. Das Fenster wolle Luthers Kampf gegen das Böse deuten, von dem der Mensch aus Sicht des Reformators umgeben sei.

Dafür stünden auch andere Symbole: ein Gerippe, das Tintenfass, Schriftspuren, Kreuzzeichen sowie kräftige Farben im Nacken der weißen Gestalt, die Luther darstellen soll. Lüpertz, der protestantisch aufwuchs und zum Katholizismus konvertierte, sieht Luther als "kämpferische Figur", die mit der damaligen Kirchen nicht zufrieden gewesen sei. "Darüber hinaus war er ein Aufklärer, weil er die Bibel übersetzt hat."

Landessuperintendentin Petra Bahr sagte, das Kunstwerk wolle nicht provozieren, sondern neue Perspektiven eröffnen: "Durch das Fenster der Kirche sehen wir die Welt so, wie wir sie sonst nicht sehen." Bevor das Fenster hergestellt und eingebaut wird, müssen Denkmalpfleger beurteilen, ob das moderne Kunstwerk in die mittelalterliche Kirche passt. Das letzte Wort hat die hannoversche Landeskirche.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen