Startseite Archiv Nachricht vom 07. Mai 2018

"Diese Gemeinde kann man als gutes Beispiel vorzeigen"

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Osterwald. Das Leben in Osterwald ist besonders: Was viele OsterwalderInnen vielleicht schon gefühlt haben, dafür können sie nun den Beweis in den Händen halten. Gemeinsam mit den alberts.architekten, einem Büro für Soziale Architektur aus Bielefeld, und vielen weiteren Akteuren hat die Diakonie Himmelsthür ein Magazin über Osterwald gestaltet.

Initiator des Projektes ist Henning Brandes, Fachbereichsleiter der Diakonie Himmelsthür in Osterwald und verantwortlich für das Emil-Isermeyer-Haus. 39 Menschen mit Behinderung haben dort ein Zuhause gefunden und sind aus dem Dorfleben nicht mehr wegzudenken. Und das schon seit über 50 Jahren. „Bei unserem jährlichen Weinfest haben wir 2016 darüber nachgedacht, dass wir eigentlich mal alle Informationen und Geschichten rund um Osterwald und das Emil-Isermeyer-Haus zusammentragen sollten", erinnert sich Brandes.

Die erste Idee, eine Art Dorfchronik zu gestalten, wurde schnell wieder verworfen. Stattdessen holte sich Brandes das Team des Büros für Soziale Architektur zur Unterstützung nach Osterwald. Es begann ein kreativer Prozess, an dem auch viele DorfbewohnerInnen und weitere Menschen aus der Region mitwirkten. Über ein Jahr lang reisten der Innovationsmanager Thorsten Försterling, der Pädagoge Marc Wübbenhorst und der Fotograf Peter Wehowsky immer wieder von Bielefeld nach Osterwald. Zusammen mit Brandes brachten sie die verschiedenen Akteure des Dorfes an einen Tisch, sammelten Ideen und Geschichten.

Das sichtbare Ergebnis dieses Prozesses ist ein 100 Seiten starkes Heft mit Interviews, Fachartikeln und Dorfgeschichten. So beschreibt Gerhard Henkel, Humangeograph an der Universität Duisburg-Essen, wie Dörfer auch in Zukunft lebendig bleiben können. Und Ortsbrandmeister Jan-Hendrik Stucki erklärt im Interview, warum er sich in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert. Leser und Leserinnen erfahren, was es mit der Baumhaus-Crew auf sich hat und wie das Dorfleben für Menschen mit Behinderung aussieht. „Die Leute sollen sehen, dass man hier gut leben kann, ob mit oder ohne Behinderung", erklärt Wübbenhorst das Konzept.

Doch das unsichtbare Ergebnis der gemeinsamen Arbeit stellt wahrscheinlich den größten Gewinn für das Dorf dar. „Durch das Projekt haben wir viele Menschen an einen Tisch bekommen", berichtet Försterling. So seien neue Ideen entstanden, wie Osterwald noch attraktiver werden und sich für die Zukunft rüsten könne. Und diese Ideen sollen nun auch in die Tat umgesetzt werden. „Als erstes planen wir eine Tagespflege für die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner", erklärt Brandes. Alte und kranke Menschen im Ort können so durch die Diakonie Himmelsthür in ihrem eigenen Zuhause unterstützt werden. Eine weitere Idee ist die Anstellung einer Dorfschwester, die bei kleineren Anliegen beispielsweise die Fahrt zur Arztpraxis ersparen kann.

Ute Schneider-Smietana, Regionalgeschäftsführerin bei der Diakonie Himmelsthür, zeigt sich beeindruckt: „Für mich ist Osterwald ein Best-Practice-Beispiel, das sich auch auf einige unserer anderen Standorte übertragen lässt." Der Bundestagsabgeordnete Johannes Schraps (SPD) möchte das Magazin mit in seine politische Arbeit nehmen. „Wenn auf Landes- oder Bundesebene dörfliche Entwicklung Thema ist, kann man Osterwald als gutes Beispiel vorzeigen." Der Landtagsabgeordnete Ulrich Watermann (SPD) stellt nicht ohne Stolz fest: „Wir müssen hier nicht erst lernen, wie Inklusion geht. Hier leben Menschen mit und ohne Behinderung einfach miteinander. Und das schon seit vielen Jahren."

Kultur und Kommunikation/Julia Dittrich