Startseite Archiv Nachricht vom 29. November 2017

Verfassungsrechtler hält generelles Burkaverbot für verfassungswidrig

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Hannover. Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier hält ein generelles Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum für verfassungswidrig. "Im Grundgesetz ist die freie Religionsausübung, die sich auch im Tragen einer spezifischen Kleidung manifestieren kann, grundsätzlich sehr strikt und sehr umfassend geschützt", sagte er am Mittwoch in Hannover.

Einschränkungen seien nur mit Blick auf gleichwertig verfassungsrechtlich geschützte Güter denkbar, sagte Papier bei der Tagung der hannoverschen Landessynode. So könne ein Burkaverbot gerechtfertigt sein zur Wahrung der Neutralität vom Amtsträgern oder aus Gründen der Wahrung der öffentlichen Sicherheit, sei es im Straßenverkehr oder bei Demonstrationen.

Papier kritisierte dagegen erneut die Entscheidung des Verfassungsgerichtes aus dem Jahr 2015, das ein allgemeines Kopftuchverbot für Lehrerinnen an Schulen für unzulässig erklärt hatte. Der Gerichtspräsident von 2002 bis 2010 sagte, die Richter hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Lehrkraft sich auf die Religionsfreiheit bei der Ausübung einer öffentlichen Amtstätigkeit berufe. Bei einem staatlichen Amtsträger seien die Grenzen der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit enger zu ziehen als bei einer Privatperson.

Generell hält Papier die vom Grundgesetz festgelegte Trennung von Kirche und Staat in Deutschland für ausreichend. "Angesichts der Debatte um Kopftücher, Islamunterricht, Burkaverbot, der Anbringung von Kreuzen in den Klassenzimmern und ähnliche Themen könnte man geneigt sein, zu behaupten, dass der Staat bei einer strikteren Trennung von Staat und Kirche, als sie das deutsche Grundgesetz vorsieht, seine Aufgaben insbesondere im Bereich des Schulwesens besser erfüllen könnte", sagte er. "Dies ist indes ein grober Trugschluss."

Wenn sich die Religionsgemeinschaften im Gemeinwesen engagierten, trage das zum gesellschaftlichen Frieden mehr bei, als eine Verbannung des Religiösen aus dem öffentlichen Raum. Nach der Verfassung sollten die Religionsgemeinschaften bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Aufgaben vom Staat gefördert werden. Es gebe allerdings Voraussetzungen, um etwa einen Körperschaftsstatus zu erlangen.

Bei islamischen Vereinigungen bestehe derzeit das Problem, dass sie keine hinreichende zentrale Organisation und klare Regelung der Mitgliedschaft hätten. Auch bei der Einführung des Islamunterrichtes als ordentlichem Lehrfach an öffentlichen Schulen sieht Papier deshalb noch Hürden.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen