Startseite Archiv Nachricht vom 01. August 2017

Neues Buch porträtiert jüdische "Villa Seligmann" und ihren Erbauer

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Hannover. Zum 110-jährigen Bestehen der "Villa Seligmann" in Hannover erzählt ein neues Buch die Geschichte des prachtvollen Gebäudes und seines jüdischen Erbauers. Die Villa sei einst ein Zentrum des gesellschaftlichen jüdischen Lebens in Deutschland gewesen, sagte der Musikwissenschaftler Professor Andor Izsak bei der Vorstellung am Montag in Hannover.

Erstmals Mal hätten Historiker Informationen über das Gebäude, über die jüdische Gemeinde und über das Leben des Industriellen Siegmund Seligmann (1853-1925) zusammengebracht. Der jüdische Gründer der Reifenfabrik "Continental" hatte die Villa am Stadtwald Eilenriede Anfang des 20. Jahrhunderts erbauen lassen und war im Oktober 1906 eingezogen. Heute dient das Haus in der hannoverschen Oststadt als Domizil des von Izsak gegründeten "Europäischen Zentrums für Jüdische Musik".

Es sei sehr wichtig, die Erfolgsgeschichte sowohl der Villa als auch Siegmund Seligmanns zu erzählen, sagte Izsak, der Ehrenpräsident der Siegmund-Seligmann-Stiftung ist. "Sonst spricht man bei der jüdischen Geschichte Deutschlands immer nur über die zwölf Jahre der Nazi-Herrschaft." Zwei Historiker hätten mit viel Fleiß historische Spuren in Archiven aufgedeckt. Wer das Buch lese, werde auf ein bislang unbekanntes Hannover stoßen.

Es sei erstaunlich, wie wenig handfest das Thema bis heute erforscht gewesen sei, sagte der Historiker Anton Weise. Jüdische Bürger seien für die industrielle Entwicklung Hannovers sehr wichtig gewesen. Hierfür sei Seligmann nur das herausragendste Beispiel. Als junger Bankangestellter habe er das Potenzial einer kleinen bankrotten Gummiwaren-Fabrik für die kommende Auto- und Fahrradproduktion erkannt und so den späteren Reifenkonzern "Continental" gegründet.

Mit seinem so erworbenen Reichtum habe Seligmann in der Folgezeit immer großzügig Kunst und Wissenschaft gefördert, sagte Weise. Sein Mäzenatentum habe sich auch über religiöse Grenzen hinweg erstreckt, ergänzte die Historikern Gabriela Kilian.

Die Historiker hatten in mehreren Archiven Hannovers und in Seligmanns Geburtsort Verden geforscht. Zudem wurden sie von verschiedenen Stiftungen, Museen und den Nachfahren der Familie Seligmann selbst mit zum Teil noch unbekannten Bild- und Textmaterialien versorgt. Die Villa sei nach ihrem Bezug schnell zu einem Zentrum des gesellschaftlichen Lebens geworden, betonte Verleger Friedrich Olms: "Sie ist bis heute ein Markstein jüdisch-europäischer Kulturgeschichte."

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Buchtipp

Buchhinweis: Andor Izsak (Hg.): Villa Seligmann 100+10,
152 Seiten, Verlag Georg Olms, Hildesheim 2017, inklusive CD, 39,80 Euro, ISBN: 978-3-487-15589-0