Startseite Archiv Nachricht vom 03. Januar 2017

Kirchenhistoriker Kaufmann: Luther eignet sich nicht als Vorbild

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Göttingen/Berlin. Der Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann hält eine Vorbildrolle von Martin Luther in der heutigen Zeit für abwegig. Luthers Wirkung verdanke sich historischen Umständen, "die sich grundsätzlich von unseren unterscheiden", sagte Kaufmann dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag). Er könne aber Anreger sein, etwa als Sprachmeister oder als Ausleger biblischer Traditionen.

"Man kann bei ihm viel über die Variationsbreite sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten lernen", sagte Kaufmann. Luther habe bis zu seinem Tod ein genaues Ohr dafür besessen, wie sich die Leute ausdrückten. "Er hat die Menschen erreicht, weil er ihre Sprache sprach", sagte der Wissenschaftler von der Universität Göttingen.

Luther habe eine große Sensibilität für Stimmungen in der Bevölkerung besessen "und sie in der Frühzeit der Reformation auch agitatorisch auf seine Mühlen gelenkt". Schon in den 95 Thesen greife er im Grunde "Wirtshausgespräche" auf.

Die Bezeichnung Luthers als "Wutbürger" durch das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" sei aber ärgerlich. Sie rücke den Reformator in die Nähe von Pegida, kritisierte der Historiker: "Das hat er nicht verdient."

Die evangelische Kirche feiert bis Oktober dieses Jahres 500 Jahre Reformation. Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht. Der legendäre Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Thomas Kaufmann

Der deutsche Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann wurde am 29. März 1962 in Cuxhaven geboren. Von 1981 bis 1987 studierte Kaufmann Evangelische Theologie in Münster, Tübingen und Göttingen.1987 legte er das erste theologische Examen in Hannover ab. 1990 wurde er in Göttingen mit der Arbeit Die Abendmahlstheologie der Strassburger Reformatoren bis 1528 promoviert. Die Habilitation erfolgte 1994 für Kirchengeschichte in Göttingen. 1996 wurde er Professor für Kirchengeschichte an der Universität München. Kaufmann lehrt seit 2000 als Professor für Kirchengeschichte an der Universität Göttingen.

Ferner ist er seit 2011 Vorsitzender des Vereins für Reformationsgeschichte.

Zum Thema Reformation und Martin Luther schrieb er unter anderem folgende Bücher:

  • Geschichte der Reformation
  • Martin Luther 
  • Luthers Juden
  • Erlöste und Verdammte. Eine Geschichte der Reformation
  • Reformation
  • Geschichte der Reformation in Deutschland