Startseite Archiv Nachricht vom 29. Oktober 2015

Landesbischof: Ausmaß des Hungers in der Welt ist ein Skandal

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Entwicklungshelfer unterstützen Kleinbauern in Kenia, die nur ein paar Kühe halten. Deutsche Bauern sehen sich gezwungen, Milch zu exportieren, weil die Preise fallen. Eine Tagung diskutierte das komplexe Thema von Agrarproduktion und Welternährung.

Hannover (epd). Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat davor gewarnt bei der Agrarproduktion und Welternährung zu sehr auf den Markt zu vertrauen. "In dem Augenblick, wo die Landwirtschaft sich auf dem weltweiten Markt behauptet, merken wir schmerzhaft, dass der Markt keine Moral hat", mahnte der evangelische Bischof am Freitag bei einem Fachtag in Hannover. Die Märkte müssten so reguliert werden, dass die ärmsten Menschen der Welt nicht unter Hunger litten. Dazu fehlten jedoch ausreichende internationale Steuerungsmomente. "Das Ausmaß des Hungers in der Welt ist ein Skandal."

Dagegen vorzugehen, sei eine gesamtgesellschaftliche und komplexe Aufgabe, sagte Meister bei der Veranstaltung zu einer im April von der Kammer für nachhaltige Entwicklung der Evangelischen Kirche in Deutschland veröffentlichten Studie. Die Liste der Verantwortlichen sei lang. Dazu gehörten Personen und Institutionen, Wirtschaftszweige und Handelsketten, Landwirte und Konsumenten sowie Regierungen.

Die Studie zur Agrarentwicklung und Welternährung plädiere für eine Agrarwende im Norden und im Süden, erläuterte der Entwicklungspolitische Beauftragte von "Brot für die Welt", Thilo Hoppe, der der Kammer angehört. Dazu gehöre es zum Beispiel Kleinbauern vor allem in Afrika zu unterstützen. Dies allein reiche jedoch nicht aus. Auch Spekulanten, die etwa in Afrika große Landflächen aufkauften, zählten zu den Hungertreibern. Hoppe warb dafür, Futtermittel stärker in Europa anzubauen, anstatt sie aus Ländern wie Paraguay zu importieren, in denen Hunger herrsche.

Auch Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) sprach sich für eine Förderung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern aus. "Solange in Entwicklungs- und Schwellenländern Wälder gerodet werden, nur um auf diesen Flächen Futtermittel anzubauen, die für die Massentierhaltung in Niedersachsen, Deutschland und Europa benötigt werden, verschlimmert sich die Lage", sagte er. "Wir müssen in Europa und weltweit höhere Preise für unsere Landwirte erreichen können", forderte Meyer. Mit Blick auf den Preisverfall bei der Milch plädierte der Minister für finanzielle Anreize, damit Bauern weniger produzieren. "Wir dürfen nicht Milchprodukte verramschen."

Die Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Maria Flachsbarth (CDU), hält dagegen eine Produktionsbegrenzung für wenig hilfreich. "Wir leben in einem freien Welthandel im Agrarbereich", betonte sie. Eine Rückkehr zu Milchquoten sei nicht sinnvoll. "Wenn wir zurückgehen, wer hindert Neuseeland daran, in dieses Loch hinein zu produzieren." Allerdings halte auch sie einen Preis von 55 Cent pro Liter konventionell produzierte Milch im Supermarkt "für eine Frechheit". Wie sich der weltweite Handel in der Landwirtschaft auswirke, zeige sich auch in ihrem Wahlkreis bei Hannover. Dort könnten die Bauern deutlich weniger Zuckerrüben anbauen, seit billigerer Rohrzucker importiert werde.