Startseite Archiv Nachricht vom 19. Januar 2015

Friedrich Weber gestorben

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Braunschweig/Wolfenbüttel. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig trauert um ihren Altbischof Prof. Dr. Friedrich Weber (65). Er ist in der Nacht zum 20. Januar in einer Klinik in Frankfurt am Main verstorben. Friedrich Weber war von 2002 bis 2014 Bischof der Landeskirche Braunschweig.

Landesbischof Dr. Christoph Meyns zeigte sich tief betroffen über den Tod seines Amtsvorgängers: „Ich habe Friedrich Weber sehr geschätzt. In meinen Gedanken und im Gebet bin ich bei seiner Ehefrau und seiner Familie. Er hat die Landeskirche erfolgreich durch schwierige Zeiten geführt.“ Weber war im Herbst 2014 an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Am 26. April 2014 war er als Bischof der Landeskirche in den Ruhestand verabschiedet worden.

Von 2005 bis 2014 wirkte er auch als Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und suchte die ökumenische Verständigung mit dem Vatikan. Sein Bischofsamt führte zu weiteren Aufgaben: Von 2006 bis 2011 war er Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und von 2007 bis 2013 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK). Er war Kuratoriumsvorsitzender des Konfessionskundlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bensheim und Co-Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses der EKD und der anglikanischen Kirche von England (Meißen-Kommission).

Über den Eintritt in den Ruhestand hinaus blieb er geschäftsführender Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) mit Sitz in Wien. In diesem Amt vertrat er rund 50 Millionen Protestanten in mehr als hundert lutherischen, methodistischen, reformierten und unierten Kirchen aus über dreißig Ländern Europas und Südamerikas.

Im Braunschweiger Land wirkte er neben seinem Bischofsamt unter anderem als Honorarprofessor für Kirchengeschichte an der Technischen Universität Braunschweig, als stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz sowie als Mitglied im Kuratorium der Herzog August Bibliothek (HAB) in Wolfenbüttel.

Michael Strauß, Pressesprecher, 20. Januar 2015

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Landesbischof Ralf Meister, Hannover, Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen zum Tode von Prof. Dr. Friedrich Weber:

Ich bin tief bewegt über den Tod meines ehemaligen Amtskollegen und bischöflichen Freundes Friedrich Weber. Er war für mich als Mensch und Kollege ein wichtiger und äußerst kompetenter Gesprächspartner. In seiner Zeit als Ratsvorsitzender der Konföderation war er eine wichtige Stimme in Niedersachsen, insbesondere die Flüchtlinge und Asylbewerber, aber auch die Bildung und der Religionsunterricht waren ihm ein Herzensanliegen. Seine Sensibilität für Gerechtigkeit hat die Arbeit der Härtefallkommission beeinflusst. Friedrich Weber hat in der Konföderation, als Wissenschaftler und als Mensch Spuren hinterlassen. Er hat sich für die Zusammenarbeit unserer Landeskirchen und die gemeinsame Zukunft der evangelischen Kirchen in Niedersachsen stark engagiert.

Der Rat der Konföderation und ich persönlich trauern um ihn und sind mit unseren Gebeten bei seiner Ehefrau und Familie. Mit den Worten aus Psalm 139, "Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten" wissen wir ihn in der Gnade Gottes behütet.

Hannover, 20. Januar 2015
Ralf Meister

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Das Verbindende im Blick
Zum Tod von Altbischof Prof. Dr. Friedrich Weber – Ein Porträt

Braunschweig/Wolfenbüttel. Die Ökumene war sein Markenzeichen. Wann immer der Papst eine umstrittene Entscheidung traf, wurde Friedrich Weber gefragt, was die Kirchen der Reformation dazu sagen. Denn Weber war nicht nur von 2002 bis 2014 Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, sondern bis zu seinem Ruhestand auch Beauftragter der lutherischen Kirchen in Deutschland für das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche.

Da war Diplomatie ebenso gefragt wie theologische Geradlinigkeit, kirchenpolitisches Geschick ebenso wie konfessionelles Rückgrat. So, wie der Pontifex Brücken bauen soll, um die Einheit der Kirche zu fördern, soll der Catholica-Beauftragte die Brücke zwischen Lutheranern und Katholiken begehbar halten und - wenn möglich - sogar verbreitern. Gerne sprach Friedrich Weber deshalb von einer „Ökumene des Lebens" anstatt von einer „Ökumene der Profile", weil er das gute Miteinander der geschiedenen Konfessionen vor Ort lieber in den Blick nehmen wollte als die kirchenamtlichen Differenzen.

So war es fast konsequent, dass er 2007 auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirche in Deutschland (ACK) wurde. Ihr gehören 16 Mitgliedskirchen und vier Kirchen als Gastmitglieder an, darunter auch orthodoxe Kirchen und evangelische Freikirchen, wie die Heilsarmee oder die Evangelisch-methodistische Kirche. Der Protestantismus ist ja bereits in sich ein ökumenisches Phänomen, was vor allem die Jahrhunderte lange Trennung zwischen den evangelisch-reformierten und den evangelisch-lutherischen Christen zeigt. Erst durch die Leuenberger Kirchengemeinschaft von 1973 wurde die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft zwischen den evangelischen Konfessionen besiegelt.

Auch diese innerevangelische Ökumene war Friedrich Weber in besonderer Weise vertraut, war er doch zwölf Jahre (1972-1984) als Vikar und Pastor in Greetsiel (Ostfriesland) in einer reformierten Gemeinde tätig. Als er im November 2001 zum Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig gewählt wurde, wertete der damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock (Düsseldorf), die Wahl als „Signal innerprotestantischer Gemeinschaft". Freilich war Weber in seinen elf Jahren als Propst (Regionalbischof) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (1991-2002) auch dem lutherischen Bekenntnis gegenüber verpflichtet.

Wer in dieser Weise das Verbindende sucht, braucht ein gerüttelt Maß an theologischem Sachverstand und nicht zuletzt: ein urteilsfähiges kirchengeschichtliches Bewusstsein. Ein Doktor der Theologie, erworben im Fach Kirchengeschichte über die Verhältnisse während der Reformationszeit, konnte dabei nur hilfreich sein. An der Technischen Universität Braunschweig engagierte sich Weber neben seinem Bischofsamt in der Ausbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern und erhielt 2008 den Titel eines Honorarprofessors. Stets ging es ihm darum, Kirche und Christsein theologisch grundiert ins Verhältnis zu unserer modernen Welt setzen.

Darin war er auch als Landesbischof bei seiner Sache. Ist die öffentliche Diskussion im Braunschweiger Land doch immer wieder von den wissenschaftlichen Bundeseinrichtungen und der TU geprägt: sei es durch die Themen Genforschung und Biomedizin oder durch die Fragen einer ökologisch vertretbaren Energiegewinnung. Sowohl in den Auseinandersetzungen um den Atommüll im Schacht Konrad als auch beim Konflikt um das Versuchsendlager Asse II hat die Landeskirche den Sorgen und Ängsten der Menschen eine Plattform gegeben und Politiker und Wissenschaftler an ihre ethische Verantwortung erinnert. Auch die von Weber maßgeblich mitentwickelte und geförderte Evangelische Akademie Abt Jerusalem in Braunschweig widmet sich diesen Themen zwischen Wissenschaft und Religion.

Überhaupt lag Weber stets daran, die Position der Kirche ins öffentliche Gespräch zu bringen. Er wusste um die Rolle der Medien in unserer modernen Gesellschaft und dass die Wirklichkeit heute zu einem gewissen Maße erst von ihnen erzeugt wird. Deshalb zögerte er nicht, wenn es darum ging, Flagge zu zeigen. Geradezu kämpferisch wurde sein Ton, als es um den grundgesetzlich verbrieften Schutz des Sonntags als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung ging.

Aber auch die Hilfe für Flüchtlinge und Asylbewerber hat er in besonderer Weise zu seiner Sache gemacht. Nicht zuletzt als Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen hat er sich für eine Härtefallkommission eingesetzt, die den Belangen der von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge gerecht wird. Damit sie eventuell doch von einer erzwungenen Rückführung verschont bleiben. Für eine humane Flüchtlingspolitik war er bis zuletzt selbst zum öffentlichen Konflikt bereit. Seit 2012 auch als geschäftsführender Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE).

Ökumenisch verbindlich, theologisch versiert, öffentlich engagiert – mit diesen Qualitäten gab Weber der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig ein erkennbares Gesicht. Dafür genoss er bei vielen Menschen großen Respekt und ein hohes Ansehen. Immer wieder betonte er, gerne Bischof im Braunschweiger Land zu sein. Er liebte es, am Sonntag auf der Kanzel zu stehen. Er besuchte die Pfarrhäuser und Kirchenvorstände und legte ein besonderes Augenmerk auf die Visitation der Propsteien.

Bei seiner Verabschiedung vor der braunschweigischen Landessynode attestiert ihm deren langjähriger Synodenpräsident Gerhard Eckels, dass er sich „in hohem Maße“ um die Landeskirche verdient gemacht habe. Zentrale Reformen der vergangenen Jahre seien in besonderer Weise auf seine Initiative zurückgegangen. Und Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer unterstrich, Weber sei in seiner Amtszeit zu einer „Identifikationsfigur im Braunschweiger Land“ geworden. Die Landeskirche Braunschweig trauert um ihren Altbischof Prof. Dr. Friedrich Weber.

Michael Strauß
Pressesprecher
20. Januar 2015