Startseite Archiv Tagesthema vom 09. Juni 2018

Prophetisch reden

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Andacht zum 2. Sonntag nach Trinitatis

Youtube steht so hoch im Kurs wie nie. Gerade bei Jugendlichen. Und sehr beliebt sind Tutorials zu Make-up, Haaren und Outfit. Zum Beispiel auch beim Thema Konfirmation.

Ich glaube, es ist kein Zufall, dass es um Make-Up geht! Selbstdarstellung ist für viele heute ziemlich wichtig. Gut da stehen vor den anderen. Von vielem gemocht werden. 

Wie wirken wir?
Wie wirken wir als Gemeinde?
Wie wirken wir auf Gäste?

Paulus stellt diese scheinbar so modernen Fragen auch seiner Gemeinde in Korinth und gibt deutliche Anweisungen für die Wirkung nach außen.

Und wir? Wie wirken als Christinnen und Christen auf jemand Fremden, der herein kommt zu uns? Wie wirkt unser Gottesdienst heute auf einen fremden Gast? Die Liturgie? die Predigt? Die Orgelmusik? Ob Sie uns auch für verrückt halten? Oder wie eine fremde Sprache? Eine ferne Welt?

Wie wirken wir?
Wie wirken wir als Gemeinde?
Wie wirken wir auf Gäste?

Superintendent Mirko Peisert

Paulus stellt diese Fragen seiner Gemeinde in Korinth angesichts eines Streits. Es geht um das richtige Reden im Gottesdienst und da wendet sich Paulus gegen ein Phänomen, das Luther mit Zungenrede übersetzt hat. Das Fachwort heißt Glossolalie und meint ein geistbegabtes, aber unverständliches betendes Sprechen, das in der Welt der ersten Christen weit verbreitet war, aber deren Praxis im Gottesdienst Paulus hier infrage stellt.

Paulus empfiehlt der Gemeinde stattdessen das Prophetische Reden!

Stellt euch vor: Alle reden als Propheten. Wenn jetzt ein Ungläubiger oder Unkundiger hereinkommt, wird er sich von allen zur Rechenschaft gezogen sehen.
Er weiß sich von allen geprüft. Das, was in seinem Herzen verborgen ist, kommt ans Licht.
Er wird sich niederwerfen, Gott anbeten und bekennen:
»Tatsächlich, Gott ist mitten unter euch!«

Die interessante Frage ist aber, was meint er mit dem prophetischen Reden? Und was könnte das heute sein?

Prophetisch zu reden, das heißt für mich, Mut zur eigenen Meinung zu haben, zur Wahrhaftigkeit, zum Widerspruch. 

So wie Lennart mit seinem fleckigen T-Shirt. Der Fleck begleitete ihn, immer noch zu sehen, dabei hatte seine Mutter das T-Shirt sogar eingeweicht und anschließend mit Spezialprogramm gewaschen. Doch der Blutfleck war immer noch da. Nur der Schriftzug auf dem Shirt war ausgewaschen:  Kein Mensch ist illegal.

Es war auf dem Rückweg nach Hause, als er die beiden Kahlgeschorenen auf ihn zukamen. An viel mehr kann er sich gar nicht mehr erinnern. Seine Nase muss unglaublich geblutet haben. In der Zeitung stand später nur von einer Schlägerei unter Jugendlichen an der U-Bahn Station Steintor. Doch für ihn ging es um viel mehr! Es ging ihm um Haltung, ums Prinzip, es ging ihm um seinen Glauben.

So wie die Kirchenvorsteherin, die sich trotz Anfeindungen weiter im Flüchtlingscafé engagiert. So wie Seygun Ates, die trotz Todesdrohungen für einen neuen Islam eintritt. 

Das ist es, wodurch wir wirken: Wenn wir das Unmögliche zur Sprache bringen, die Träume wachhalten, der Sinnlosigkeit widersprechen, der Angst etwas entgegenhalten. Wenn wir aufstehen gegen die Kräfte, die uns klein machen wollen und krank und stumm. Das ist für mich prophetisch reden!

Seid doch nicht unmündig wie Kinder, wenn es ans Denken geht! Beim Denken sollt ihr euch als mündige Erwachsene erweisen.

Bleibt unbeirrt auf dem Weg der Liebe! Strebt nach den Gaben, die der Heilige Geist verleiht – Vor allem aber danach, als Prophet zu reden.

 Amen.

Der Bibeltext

Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet! Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht ihn: im Geist redet er Geheimnisse. Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung.

Liebe Brüder und Schwestern, seid nicht Kinder, wenn es ums Verstehen geht; sondern seid Kinder, wenn es um Bosheit geht; im Verstehen aber seid erwachsen. Im Gesetz steht geschrieben: »Ich will in andern Zungen und mit andern Lippen reden zu diesem Volk, aber auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.« Darum ist die Zungenrede ein Zeichen nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen; die prophetische Rede aber ein Zeichen nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen. Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Ort zusammenkäme und alle redeten in Zungen, es kämen aber Unkundige oder Ungläubige hinein, würden sie nicht sagen, ihr seid von Sinnen? Wenn aber alle prophetisch redeten und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger hinein, der würde von allen überführt und von allen gerichtet; was in seinem Herzen verborgen ist, würde offenbar, und so würde er niederfallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig unter euch ist.

1. Kor 14,1-3.20-25

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