Startseite Archiv Tagesthema vom 10. Mai 2018

"Es macht glücklich"

Die vollständige Darstellung von Archivmeldungen befindet sich noch im Aufbau. Schauen Sie in Kürze noch mal vorbei!

Pastorin Haike Gleede und die Ballonfahrer-Familie Müller sprechen über Himmelfahrt

Einmal in den Himmel fahren. Diesen Traum erfüllen sich manche Menschen. Sie buchen eine Ballonfahrt. Von der Erde aus beobachten die mitgereisten Freunde oder Angehörigen das lautlos dahin schwebende bunte Gefährt, das von unten doch so klein wirkt. Das ist besonders stimmungsvoll, wenn es im wolkenfreien, roten Abendhimmel treibt.

Dunker Müller aus Reeßum hat diesen Traum zu seinem Beruf gemacht und seine gesamte Familie mit seiner Begeisterung für das „Himmelfahren“ angesteckt. Haike Gleede ist Pastorin in Horstedt. Sie hat einen ganz anderen Zugang zum Thema „Himmelfahrt“. Sie denkt dabei an das Fest, das Christen seit dem vierten Jahrhundert immer 40 Tage nach Ostern feiern. Sie orientieren sich dabei an der Bibel, in der steht, dass der nach seiner Kreuzigung vom Tod auferstandene Jesus Christus vor den Augen seiner Jünger „aufgehoben“ wurde: „Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken“ (Apostelgeschichte 1,9).

Weil Ballonfahrer und Christen jeweils auf ihre Weise den „Himmel erfahren“, lud die Theologin Familie Müller ins Horstedter Gemeindehaus ein. Die kam gern mit drei ihrer sieben Kinder.

„Genauso staunend, wie die Jünger mit offenen Mündern Jesus nachgestarrt haben müssen, als er in den Himmel fuhr, so stelle ich mir die Menschen vor, die 1782 den ersten Ballonstart der Gebrüder Montgolfier beobachteten“, sagt Gleede. Um die Himmelfahrt Christi für Menschen deutlicher zu gestalten, wurde früher tatsächlich im Gottesdienst eine Christusfigur an Seilen in das Kirchengewölbe hinaufgezogen.

Doch die Himmelfahrt mit einem Heißluftballon endet rund 300 Meter über der Erde. „Man fährt möglichst tief, denn die Gäste wollen ja viel sehen“, sagt Müller, der vor rund 30 Jahren mit dem Ballonfahren angefangen hat. Felder, Straßen, Häuser – alles sieht von oben sauber und aufgeräumt  aus. Und wie schnell sich etwas auch bewegen mag – vom Ballon aus wirkt es langsam und ruhig

„Ballonfahren ist mit nichts zu vergleichen“, sagt Katharina Müller. Die 30-Jährige hat selbst einen Pilotenschein. „In der Luft bekommt man andere Gedanken. Und das sogar ziemlich schnell nach dem Start.“ Das können alle Familienmitglieder nur bestätigen. „Ballonfahren ist für mich Entspannung und Runterkommen“, sagt Schwester Johanna, die ebenfalls einen Pilotenschein besitzt. „Es ist atemberaubend und jedes Mal anders“, formuliert es Schwester Manja. Die 15-Jährige ist gerade dabei, einen Segelfliegerschein zu machen. Später wird der für das Ballonfahren sicher folgen. Mutter Irma ergänzt: „Es ist Ruhe, viel Ruhe.“

Dabei lässt sich ein Heißluftballon nicht lenken. Hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Ballonfahren geht nur bei wenig Wind und ohne Regen. Vor der Fahrt informiert sich der Pilot genau über die Wetterbedingungen. Die Luftfahrer wissen, dass die Gäste, die eine Fahrt buchen, Vertrauen haben müssen, um in den Himmel zu starten. „Ohne Vertrauen kann ich den Himmel eben nicht erfahren“, sagt Pastorin Gleede schmunzelnd und meint das natürlich auch im übertragenen Sinn.

Himmelfahrt wird von der Theologin nicht wörtlich als wirkliche Reise verstanden. Der Himmel ist kein geografischer Ort, sondern der Herrschaftsbereich Gottes. Wenn es im Glaubensbekenntnis heißt „aufgefahren in den Himmel“, bedeutet dies nach christlichem Verständnis, dass der auferstandene Christus „bei Gott ist“. „Die Engländer haben es da einfacher“, sagt Gleede. „Sie haben zwei Begriffe: sky und heaven. Im Deutschen heißt beides nur Himmel.“ Die Himmelfahrt Jesu bedeutet nicht, dass er sich von der Erde entfernt hat, um irgendwohin weit weg zu gehen. Himmelfahrt Christi, das meint vor allem, seine Nähe ist erfahrbar an allen Orten dieser Erde.

Etwas von dem Großen, das für gläubige Menschen etwas Göttliches sein kann, verspüren Ballonfahrer jedes Mal beim Blick aus ein paar Hundert Metern Höhe über der Erde. „Ballonfahren macht glücklich“, sagt Müller. „Die Himmelfahrt von Jesus auch“, sagt Gleede.

Anette Meyer

Der Sonntagsmaler

Christi Himmelfahrt

Seit dem vierten Jahrhundert feiern Christen 40 Tage nach Ostern das Fest Christi Himmelfahrt. Das Fest fällt stets auf einen Donnerstag, in diesem Jahr auf den 10. Mai, und ist in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag. Der Tag wird in den Kirchen traditionell mit Gottesdiensten auf Plätzen, im Wald und auf Bergen begangen. Außerhalb der Kirche wird der Tag oft als Vatertag oder Herrentag bezeichnet, an dem Männer Ausflüge unternehmen und häufig viel Alkohol trinken.

Biblische Grundlage des Festes ist neben dem Markus- und dem Lukas-Evangelium die Apostelgeschichte im Neuen Testament. Dort steht, dass der nach seiner Kreuzigung vom Tod auferstandene Jesus Christus vor den Augen seiner Jünger "aufgehoben" wurde (Apostelgeschichte 1,9): "Eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken." Das ist auch ein bevorzugtes Motiv in der Kunst.

Die Himmelfahrt wird allerdings in der Theologie kaum noch wörtlich als wirkliche Reise verstanden. Der Himmel ist demnach kein geografischer Ort, sondern der Herrschaftsbereich Gottes. Wenn es im Glaubensbekenntnis heißt "aufgefahren in den Himmel", bedeutet dies nach christlichem Verständnis, dass der auferstandene Christus "bei Gott ist".

Himmelfahrt wird so auch als Symbol der Wandlung und spirituellen Entwicklung der Persönlichkeit gedeutet. Theologen verweisen zur Erläuterung auf den englischen Sprachraum, wo es für das deutsche Wort Himmel zwei Begriffe gibt: "sky" (profan) und "heaven" (religiös).

epd