Startseite Archiv Nachricht vom 21. April 2018

Jubeln statt Jammern!

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Andacht zum 3. Sonntag nach Ostern

„Wir schaffen das!“ Drei Worte ausgesprochen von Angela Merkel vor Journalisten am 31. August 2015. Drei Worte haben die Welt verändert - zumindest die Welt in unserem Land.

„Wir schaffen das!“ Kurze Zeit vorher war Angela Merkel in ihrem Wahlkreis unterwegs. Ein Gespräch mit Schülerinnen und Schülern. Da weint eine der Teilnehmerinnen, Palästinenserin, vor einigen Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland geflohen: "Ich habe ja auch Ziele wie jeder andere. Es ist sehr schwer, dabei zuzusehen, wie andere das Leben genießen können. Und man das selber halt nicht mitgenießen kann." Das lässt niemand kalt.

 „Wir schaffen das!“ Für diesen Satz hat die Bundeskanzlerin Häme und Spott geerntet. Verbale Prügel und Vorwürfe voller Hass. Seither ist nicht mehr, wie es war. Die einen lamentierten über die Flüchtlingspolitik und offene Grenzen, über Gefahren und die vielen Kriminellen, die Deutschland und Europa überfluten.

Die anderen krempeln die Ärmel hoch, begrüßen die Ankommenden, schenken ihnen Spielzeug und Kleider und: Zeit. Diese Menschen sind sich sicher: „Wir schaffen das!“ Und sie reden nicht. Sie handeln: Willkommenscafé und Deutschunterricht, Schwimmunterricht für die, die geflohen sind über das Meer, dem Ertrinken nah. Niedersachsen packt an, so heißt es bei uns und viele machen mit: Kirchen und Gewerkschaften, Arbeitgeber und die Landesregierung, Sportvereine und viele, viele, viele Bürgerinnen und Bürger.

„Wir schaffen das!“ Drei Wörter und die Welt war nicht mehr, wie sie vorher war. Drei Wörter voller Zuversicht Widerspruch gegen alle Müdigkeit und Verzweiflung. „Wir schaffen das!“ Protest gegen alle Unmenschlichkeit Aufschrei gegen alle, die anderen Menschen die Würde nehmen, egal welcher Hautfarbe welcher Religion und welcher Kultur, welchen Geschlechts und welchen Alters.

„Wir werden nicht müde.“ Das sind vier Worte – ein Wort mehr. Das ist die Botschaft des Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth. Müde sind sie dort geworden. Streit und Unsicherheit hat sie zermürbt Hoffnungslosigkeit hat sie lasch werden lassen. Nein, schreibt Paulus, wir werden nicht müde. Auch wenn jeder und jedem von uns irgendetwas weh tut, auch wenn unsere Kraft schwach ist. Auch wenn der Widerstand wächst und wir als Gutmenschen beschimpft werden: Die innere Kraft bekommen wir geschenkt, jeden Tag neu.

Wer in diesem Brief des Apostels an die Gemeinde in Korinth ein wenig weiter liest, findet den entscheidenden Satz: "Ist jemand in Christus,  so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden."  Wer dies in sich spürt, der kann nicht anders, als mit Herzen, Mund und Händen und unüberhörbar: JUBELN. Wir sind neu geschaffen. In der Taufe haben wir es erlebt, geschaffen in ein neues Leben mit Christus, mit dem Auferstandenen. Halleluja – Jubilate – Jauchzet – Jubelt.

Aber ich höre sie schon, die müden Stimmen, die Sätze voller „wenn“ und „aber“ und die Stimmen voller Fragen: „warum“? Es sind Stimmen, die ich kenne, die ich schon so oft gehört habe, voller Zweifel, voller Sorgen, voller Ängste. Es sind die Stimmen der Menschen damals in Korinth: So viel wurde versprochen, doch das Leiden ist geblieben. Es sind die Stimmen der Menschen aus vielen Jahrhunderten voller Krieg und Unfrieden, mit Missernten und Hungersnöten, mit Unterdrückung und Hass. Es sind die Stimmen der Menschen unserer Tage, die täglich schlechte Nachrichten lesen von einer zerstörten Schöpfung, von verunreinigtem Wasser und giftiger Luft, Es sind Menschen, die in Tage voller Lieblosigkeit und Streit leben, Streit, der Menschen verletzt, Streit, der nicht nach Wahrheit sucht, sondern allein nach dem eigenen Vorteil und dem persönlichen Gewinn.

Wie können wir da widerstehen? Wie können wir da widersprechen? Wir haben doch nicht mehr als diese Hoffnung? Wir haben doch nichts anderes als das Versprechen? Wir…

Ach hören wir auf mit Jammern und beginnen mit Jubeln. Jauchzet – jubelt! Gegen Eure Müdigkeit, gegen all die Schmerzen, die ihr spürt, gegen all den Zweifel, den ihr habt, gegen all den Widerspruch, den ihr hört:

Wir bauen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das, was jetzt noch niemand sehen kann. Denn was wir jetzt sehen, besteht nur eine gewisse Zeit. Das Unsichtbare aber bleibt ewig bestehen.

Das nimmt uns mit in eine neue Zeit, in eine neue Wirklichkeit, in die neue Schöpfung.

Und diese Zeit ist schon angebrochen, mitten unter uns. Wenn wir aufstehen für die Menschlichkeit. Wenn wir aufstehen für den Frieden. Wenn wir aufstehen für Gerechtigkeit. Wenn wir aufstehen und uns nicht übermannen lassen von schlechten Gefühlen.

Das beginnt ganz klein: das weinende Mädchen, das nicht mehr weiter weiß: Wir hören zu! Der verzweifelte Vater, der nach Antworten sucht. Wir suchen mit! Die ratlose Frau, die keinen Weg mehr sieht. Wir gehen ein Stück mit. Und das können an dem einen Tag Flüchtlinge sein, wie damals im Herbst 2015.

Pastor Christof Vetter

Der Bibeltext

Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.

Denn unsre Bedrängnis, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit, uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.

Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

2. Korinther 4, 16-18

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