Startseite Archiv Tagesthema vom 14. Oktober 2017

Festhalten

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Andacht zum 18. Sonntag nach Trinitatis

Ich bin sein „Pata“, so nennt er mich als Pastor. Er kann nicht ganz so deutlich sprechen wie andere, auch das Lesen und Schreiben fällt ihm schwer. Deshalb besucht er auch eine andere Schule. Aber beim Konfirmandenunterricht ist er immer mit allen anderen Mädchen und Jungs aus unserer Gemeinde dabei gewesen.

Das hat ihm vor allem seine Cousine ermöglicht, die im Unterricht immer neben ihm gesessen hat und ihn unterstütze, wenn es irgendwelche Aufgaben zu erledigen galt.

So manches Mal habe ich überlegt, ob ich ihm wohl wirklich gerecht werde mit meinem Unterricht. Nimmt er da wirklich genug für sich mit? Kommt er eigentlich in seinem eigenen Glauben weiter, wenn ich mit den anderen über den Glauben diskutiere? Er hält sich in solchen Gesprächen eher zurück und hört zu. Was glaubt er eigentlich?

Dass er sich an Jesus kräftig festhält, das hat er mir dann auf seine eigene Art gezeigt. Bei unserer Konfirmandenfreizeit vor ein paar Monaten nahm er mich einmal zur Seite, sagte „Pata“ zu mir und griff in seine Hosentasche. Daraus zog er ein kleines Kreuz hervor. Solche hatten wir einmal im Gottesdienst verschenkt.

Seine Cousine übersetzte mir dann, was er mir über dieses Kreuz sagen wollte und erklärte mir, dass er es sehr gerne bei sich trägt und es nachts sogar neben sein Kopfkissen legt. Darum habe er es auch bei der Freizeit einfach nicht zu Hause lassen wollen, sondern mitgebracht.

Nach den Osterferien ging es dann darum, die Konfirmation vorzubereiten. Mit der Gruppe haben wir das Glaubensbekenntnis geübt: Denn die Liturgie sieht es so vor, dass alle, die sich konfirmieren lassen wollen, in dem Festgottesdienst vor der ganzen Gemeinde ihr Glaubensbekenntnis ablegen.

Und dann staunte ich bei der Konfirmation, dass auch seine Lippen immer wieder ein Stückchen mitgingen im Text.

Aber noch auf ganz andere Weise konnte ich deutlich erkennen, dass und wie er sich zu seinem Glauben bekennt und an Jesus festhält. Er zwinkerte mir zu und zog sein Holzkreuz aus der Hosentasche, und daran hielt er sich fest.

Pastor Rainer Müller-Jödicke

Der Bibeltext

Und als er hinausging auf den Weg, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe? Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als der eine Gott. Du kennst die Gebote. Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf. Und Jesus sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach! Er aber wurde betrübt über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter. Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Die Jünger entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann selig werden? Jesus sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist's unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.

Mk 10,17-27 (in Auszügen)

Der Autor