Startseite Archiv Tagesthema vom 21. Juni 2016

„Eine Gemeinschaft der Liebe“

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Ansprache von LWB-Präsident Younan bei der Tagung des Lutherischen Weltbundes

In seiner Ansprache hat der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Dr. Munib A. Younan, die LWB-Mitgliedskirchen aufgefordert, einen kritischen Dialog über die Grundlagen und die gemeinsame Verantwortung der Kirchengemeinschaft zu führen.

„Die weltweiten Krisen erfordern mehr als höfliche Aufmerksamkeit von uns, sie erfordern unser Handeln. Aber wir können nicht tatkräftig handeln, ohne unsere Prämissen und unsere Grundmotivation zu hinterfragen“, erklärte Younan vor dem LWB-Rat, der zu seiner diesjährigen Tagung vom 15. bis 21. Juni in Wittenberg, Deutschland, zusammengetreten ist.

„Wir müssen deutlich miteinander sprechen und die Wahrheit aus unserer jeweiligen Perspektive benennen. Höflichkeit hat ihren Platz, aber das Bemühen um einen ‚höflichen‘ Umgang kann das Ziel unseres gemeinsamen Redens unterlaufen.“ In seiner Rede mit dem Titel „Eine Gemeinschaft der Liebe“ ermutigte Younan die Delegierten der LWB-Mitgliedskirchen, sich kritisch auseinanderzusetzen mit dem lutherischen Selbstverständnis beim Thema Kirchenleitung, bei der wechselseitigen Teilhabe an der Mission Gottes, bei der prophetischen Diakonie inmitten weltweit zunehmender Fremdenfeindlichkeit sowie bei der Vorbereitung der Zwölften Vollversammlung 2017 und des Gedenkens anlässlich des 500. Reformationsjubiläums.

Younan, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, unterstrich dass ehrliche Kritik im LWB nicht dazu diene, „die Möglichkeit von Gemeinschaft zu blockieren, sondern dazu einander aufzubauen“. Durch theologische Bildung solle ein Bewusstsein und ein besseres Verständnis geschaffen werden für Themen wie Kolonialgeschichte und koloniale Praxis oder für den Zusammenhang zwischen struktureller Ungleichheit und dem finanziellen Druck, der sowohl gebende als auch nehmende Kirchen historisch belaste.

Es sei wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, „dass unsere Beziehung nicht auf Geld gründet, sondern in etwas viel Tieferem und Grösserem – in der Liebe Gottes, die sich in seiner Gnade äußert. In dieser Gemeinschaft der Liebe sind wir zur wechselseitigen Verantwortung und zum Wohl der Anderen berufen.“

Weiter stellte Younan fest, dass es unbedingt erforderlich sei, sich aufs Neue mit dem lutherischen Verständnis vom Wesen und Zweck des bischöflichen Amtes auseinanderzusetzen, insbesondere im christlichen Kontext einer Welt, die zunehmend den materiellen Erfolg in den Mittelpunkt stelle. Ekklesiologische Fragen zur Rolle und Macht im bischöflichen Amt seien ebenfalls weiter zu diskutieren.

Die Autorität von Bischöfinnen und Bischöfen unterliege, wie die aller Geistlichen, dem liebevollen, befreienden Gebot der höchsten Autorität im Luthertum – dem Evangelium. Es verweise zudem auf die Kraft, die allen Menschen innewohne, und nicht dem bischöflichen Amt vorbehalten sei. „Kehrten wir zu diesem Verständnis unseres zentralen Bekenntnisses zurück, so würde unsere Kirche von einem Abbild der Liebe Gottes geleitet“, betonte der LWB-Präsident.

Florian Hübner

Dienst am Nächsten

Der LWB-Präsident dankte den Mitgliedskirchen, „bis in jede einzelne Gemeinde“, für deren gemeinschaftliche Unterstützung der Hilfe, die der LWB an über 2,3 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen leiste. Er betonte, dieses diakonische Erbe müsse fortgeführt werden als „unser Ausdruck von Liebe“.

Bisweilen werde allerdings gefragt, warum der LWB seinen Dienst an Flüchtlingen nicht vorrangig LutheranerInnen und anderen ChristInnen zugutekommen lasse und stattdessen allen Menschen helfe – ungeachtet ihrer religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts oder ihrer politischen Überzeugung. „Genau darin liegt die Stärke unserer ganzheitlichen Mission und unserer prophetischen Diakonie. Unser Ziel ist es, allen Menschen zu helfen. So hören wir auf den Ruf Christi, der zu jeder und jedem von uns in unserer Not gekommen ist.“

Als die aktuelle Krise im Irak und in Syrien ausbrach, hätte sie nicht unterschieden zwischen ChristInnen, MuslimInnen, JesidInnen, Atheisten oder Agnostikern. „Die weltweite Flüchtlingskrise ist eine humanitäre Krise.“

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