Startseite Archiv Tagesthema vom 19. April 2016

Befremdlich und gefährlich

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Hochrangige Vertreter der Juden und der evangelischen Christen in Niedersachsen haben die AfD für ihre islamfeindlichen Äußerungen scharf kritisiert. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, forderte, die Partei vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen. Die AfD habe sich mit ihren Äußerungen als anti-demokratische Partei entlarvt, sagte Fürst dem Hörfunksender NDR Info.

Niemand könne nun mehr sagen, nichts über ihre wahre Ausrichtung gewusst zu haben, sagte der Vorsitzende. Er zog, wie zuvor schon der Zentralratsvorsitzende der Muslime, Aiman Mazyek, Parallelen zur NSDAP unter Adolf Hitler. „Hier kann man jetzt sagen: Wir haben alles gewusst, was die AfD vorhat und gleichwohl haben wir sie gewählt. Nein, man darf sie nicht mehr wählen!“

Nach den Worten von Fürst ist auch die Ausübung jüdischer Riten betroffen, da die Partei auch ein Schächt- sowie Beschneidungsverbot fordere. Das werde man keinesfalls akzeptieren. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen forderte zudem Aufklärung über die AfD. „Wir müssen aufklären über die Dummheit dieser Partei.“

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister betonte, die evangelischen Kirchen stünden zur Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sowie der ungestörten Religionsausübung. „Unter dieser Voraussetzung ist es geradezu befremdlich und zugleich gefährlich, in irgendeiner Weise die freie Religionsausübung einschränken zu wollen“, sagte der Ratsvorsitzende der Konföderation der fünf evangelischen Kirchen in Niedersachsen.

Die AfD hatte gefordert, Minarette, die Vollverschleierung und den Muezzin-Gebetsruf zu verbieten. Gerade vor diesem Hintergrund sollte es möglichst bald zum Abschluss der Verträge des Landes mit den muslimischen Verbänden kommen, betonte Meister.

Unterdessen hat die stellvertretende Parteivorsitzende Beatrix von Storch den Anti-Islam-Kurs der AfD verteidigt: „Die größte Bedrohung für Demokratie und Freiheit geht heute vom politischen Islam aus“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe). Auch antisemitische Übergriffe hätten heutzutage überwiegend islamistischen Hintergrund. Die Partei wolle den Kurs auf dem Parteitag in zwei Wochen in Stuttgart in ihrem ersten Parteiprogramm festschreiben. Den Vergleich mit Hitler-Deutschland wies sie zurück. Er sei „eine Verharmlosung der Verbrechen des Dritten Reiches.“

epd

Zum ersten Mal in Hannover werden die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi und der Rabbiner Dr. Gábor Lengyel die beiden Schriften – Tora und Qur`an – gemeinsam lesen und diskutieren.

An jedem Kurs-Abend wird ein Thema durch die gemeinsame Lektüre und Übersetzung hebräischer und arabischer Originaltexte erarbeitet. Mit detailliertem Fachwissen werden zentrale Themen beider Religionen erörtert.

Am Mittwoch, den 20. April, um 19.00 Uhr im Haus der Religionen in Hannover.

„Make tea not war“

Teetrinken verbindet. Deshalb hat die Muslimische Jugend in Deutschland das Projekt „Teegegnung“ gestartet und wird dabei unter anderem von der Evangelischen Jugend unterstützt. Muslime und Nicht-Muslime lernen sich kennen.

Kritik von NS-Experten

Die Anfeindungen der AfD gegen den Islam in Deutschland stoßen nicht nur bei den Muslimen auf scharfe Kritik. Der Historiker und niedersächsische NS-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner sagte: „Es ist in der Tat das erste Mal seit der NS-Zeit, dass eine Partei eine Religionsgemeinschaft als Ganze diskreditiert, indem ihr unterstellt wird, eher politische Ideologie als Religion zu sein.“

Wagner sieht in so einer Haltung durchaus Ähnlichkeiten zu Ausgrenzungsmechanismen gegen Menschen in den 1930er Jahren. „Ich bin wahrlich kein Freund von falschen historischen Analogien“, betonte der NS-Experte. Aber selbst bei differenzierter Betrachtung ließen sich Parallelen erkennen. Das gelte für eine Unterteilung von Menschen in „wir“ und „die“ durch die eine Gruppe gezielt ausgegrenzt werde. „Es gilt auch, wenn bewusst Angst geschürt wird vor vermeintlich Gefährlichen oder Kriminellen.“

Selbst wenn AfD-Politiker sagten, sie lehnten Gewalt ab, legitimierten sie oftmals Gewalt, indem sie Verständnis für die Täter äußerten. „Damit wird der Gewalt gegen vermeintlich Fremde Vorschub “, sagte Wagner. So habe es in Deutschland allein 2015 mehr als 900 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gegeben.

epd