Startseite Archiv Tagesthema vom 11. November 2015

Verkündigung mit Taten

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Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat den bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm an der Spitze des EKD-Rates bestätigt. Der alte und neue Ratsvorsitzende sprach mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) über das kirchliche Engagement in der Flüchtlingspolitik, die Vorbereitungen zum 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 und den Streit um die Mission von Juden.

epd: Die EKD-Synode hat Sie mit 124 von 125 Stimmen im Amt des Ratsvorsitzenden bestätigt - hat Sie das überrascht?

Heinrich Bedford-Strohm: Mit einem solchen Ergebnis habe ich nicht gerechnet. Es ist ein großer Rückenwind für mich.

epd: Das Thema Flüchtlinge war der klare Schwerpunkt Ihres Berichts für die Synode. Was macht die Kirche schon?


Bedford-Strohm:
Die Kirche ist vor allem sehr aktiv über die vielen, vielen Menschen, die sich in den Gemeinden ehrenamtlich in der Begleitung von Flüchtlingen engagieren. Die Landeskirchen haben schon hohe Beträge zusätzlicher Gelder zugesagt, um die Voraussetzungen zu schaffen, dieses Engagement zu unterstützen - etwa durch hauptamtliche Koordination von Ehrenamtlichen. Die Kirche zeigt jetzt mit ihren Taten, was sie verkündigt.

epd: Hat die EKD zurzeit noch finanzielle Reserven, um auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren und Projekte zur Flüchtlingsintegration anzuschieben?

Bedford-Strohm:
Das ist eine Frage von Prioritäten, und um diese Prioritäten müssen wir immer wieder neu streiten. Ich nehme beim Thema Flüchtlinge eine große Offenheit wahr, jetzt auch Geld in die Hand zu nehmen, weil es schlicht und einfach um menschliche Not geht. Wir müssen als Kirche zeigen: Wir reden nicht nur, wir handeln auch.

epd: Von der EKD-Synode ging das Signal an die Politik, den Parteienstreit zurückzustellen und die drängenden Probleme anzupacken. Findet die Kirche Gehör?

Bedford-Strohm:
Ich wünsche mir, dass bei allen Entscheidungen, die zu treffen sind, zwei Dinge zusammenkommen: Es muss ganz klar sein, wie kostbar die Herrschaft des Rechts ist, dass sich Menschen, die herkommen, registrieren lassen und der Staat weiß, wo sie sind. Gleichzeitig sollte die Empathie im Mittelpunkt stehen: Wir müssen uns immer im Klaren darüber sein, dass diese Menschen aus Notsituationen kommen. Sie sind deswegen geflohen, weil zu Hause ihr Leben in Gefahr ist.

epd: Wie erleben Sie zurzeit die Berliner Politik?


Bedford-Strohm: Ich erlebe viel Unklarheit. Es gibt häufig Anlass nachzufragen. Vieles von dem, das in der Bundespolitik hin und her geht, erscheint auf den ersten Blick nicht plausibel und in seinen Konsequenzen nicht wirklich durchdacht.

epd: Inhaltliches Hauptthema der EKD-Synode war das Reformationsjubiläums 2017. Wie stehen die Vorbereitungen?


Bedford-Strohm: Die Vorbereitungen laufen nach Plan. Wir spüren eine Aufbruchstimmung. Viele wollen dabei sein, etwa bei der Weltausstellung der Reformation. Da ist viel Neugierde auf Beteiligung entstanden. Wir erleben auch, wie viel dezentral vorbereitet wird. Ich glaube, 2017 wird ein starkes Jahr.

epd: Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bittet die evangelische Kirche bis 2017 um ein Signal, die Judenmission einzustellen - eine alte Forderung. Warum ist das bisher nicht geschehen?

Bedford-Strohm: Es gibt in mehreren Landeskirchen Beschlüsse, dass die Judenmission ausgeschlossen ist, weil wir die bleibende Erwählung des biblischen Gottesvolkes festhalten. Die EKD muss aber respektieren, dass die Diskussionsgänge nicht in allen Landeskirchen gleich sind.

epd: Wie ist Ihre eigene Position in dieser Frage?

Bedford-Strohm: Auch meine Meinung ist, dass sich die Judenmission erübrigt. Wir sind über die Schriften im Römerbrief des Paulus und an anderen Stellen der Bibel zu dem Ergebnis gekommen, dass Jesus Christus nicht die Auflösung des Bundes Gottes mit seinem biblischen Volk bedeutet. Daher kann man nicht sagen: Nur durch Jesus Christus können Menschen, die nach dem jüdischen Glauben leben, zu Gott kommen.

epd: Angewachsen ist die Wirtschaftskompetenz im Rat der EKD - mit dem Pharma-Manager Andreas Barner und der ehemaligen Bankdirektorin Marlehn Thieme. Ist das ein Signal für die mittelfristig abzusehenden Umbauprozesse in den Kirchen, wenn die Steuereinnahmen nicht mehr so stark sprudeln?

Bedford-Strohm: Natürlich freuen wir uns über die Wirtschaftskompetenz. Ich erhoffe mir davon Kommunikation mit Unternehmen in Fragen der Wirtschaftsethik. Die beiden Ratsmitglieder sind aber als Personen nicht nur auf ein Thema zu verengen. Marlehn Thieme ist Vorsitzende des Nachhaltigkeitsrates der Bundesregierung, sie steht für die Vorbereitungen des Reformationsjubiläums und hat ein vielfältiges Profil. Und Andreas Barner ist vielen Menschen bekannt geworden als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages.

epd-Gespräch: Thomas Schiller

Mit zahlreichen Bildern und Videos hat das Redaktionsteam der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die aktuelle Synode für die Social Media Welt sehr transparent und wirksam gemacht.

Auf der Facebook Fanpage und auf Twitter sind viele Ergebnisse der Ratswahlen und der Wahl des Ratsvorsitzenden nachzulesen. Zu jedem der neun Wahlgänge des Rates gibt es Text und Bewegtbild.

Dynamisches Duo

An der Spitze der 22,5 Millionen Protestanten steht Bedford-Strohm künftig gemeinsam mit der westfälischen Präses Annette Kurschus. Die 52-Jährige wurde mit 118 Stimmen zur stellvertretenden Ratsvorsitzenden gewählt. Bedford-Strohm und Kurschus demonstrierten am Mittwoch Einigkeit. Nebeneinander saßen sie in der ersten Reihe, steckten die Köpfe über Unterlagen zusammen. Sie sind gewinnende Charaktere. Dynamisch spurteten beide zur Dankesrede ans Rednerpult. Sie strahlen Aufbruch aus, den sich die evangelische Kirche wünscht.

Bereits am Dienstag, als bei der Synode in Bremen der komplette Rat der EKD neu gewählt wurde, deuteten alle Signale auf das Führungsduo. Mit den besten Stimmenergebnissen zogen Bedford-Strohm und Kurschus direkt im ersten Wahlgang in das Leitungsgremium ein. Das war nicht überraschend, selbstverständlich aber dennoch nicht. Bis der Rat mit seinen insgesamt 15 Mitgliedern komplett war, vergingen immerhin elf Wahlgänge und mehr als zwölf Stunden.

Bedford-Strohm und Kuschus sind nun für sechs Jahre gewählt. Nach den Personalwechseln der vergangenen Jahre - zunächst der Rücktritt der hannoverschen Landesbischöfin Margot Käßmanns 2010 und dann der Rückzug Schneiders - gibt es in der evangelischen Kirche damit Hoffnung auf Kontinuität.

Stephanie Springer in den Rat der EKD gewählt

Die Mitglieder der in Bremen tagenden Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und die Mitglieder der Kirchenkonferenz der EKD haben Dr. Stephanie Springer, Präsidentin des Landeskirchenamtes der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, in den Rat der EKD gewählt. Springer bekam im ersten Wahlgang 94 von 137 Stimmen, die nötige Zweidrittelmehrheit betrug 92 Stimmen.

Dr. Katja Lembke, Direktorin des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover, zog nach dem achten Wahlgang ihre Kandidatur zurück. Sie hatte zuletzt 27 von 135 Stimmen. Lembke ist Mitglied der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers.

Stärkere Einbindung der Jugend

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, hat sich für eine stärkere Beteiligung Jugendlicher und junger Erwachsener in Gremien der Kirche ausgesprochen. „Es ist wichtig, dass wir jungen Leuten auch das Gefühl geben, dass sie ihre Kirche mitgestalten können“, sagte Schwaetzer zum Abschluss der EKD-Synode in Bremen.

Die Synodenpräses erklärte, im Kirchenparlament hätten Jugenddelegierte bereits jetzt Rederecht. Es gebe aber noch weitere Möglichkeiten, beispielsweise das Recht, Anträge einzureichen. Eine entsprechende Weiterentwicklung der Geschäftsordnung solle nun diskutiert werden.

Die Ankündigung ist eine Reaktion auf die gescheiterte Kandidatur eines jungen Bewerbers für den Rat der EKD. Der Berliner Student Ingo Dachwitz (28) gab am Dienstag in Bremen nach dem achten Wahlgang auf, weil eine Zwei-Drittel-Mehrheit nicht absehbar schien. Die Jugenddelegierten zeigten sich schwer enttäuscht.

Schwaetzer sagte, sie bedauere, dass es nicht gelungen sei, einen Vertreter der jungen Generation in den 15 Mitglieder zählenden Rat zu wählen. Die Synodenpräses, die qua Amt dem Rat angehört, sprach sich dafür aus, auch in diesem Gremium Jugendliche enger einzubinden. Das sei über Kommissionen oder andere thematische Gruppen möglich.

Schwaetzer würdigte ansonsten die Zusammensetzung des neuen EKD-Rats, dem neben fünf leitenden Geistlichen weitere Theologen und Laien angehören. Alle seien „starke Persönlichkeiten“, sagte sie. Zu einer ersten Sitzung, in der es um die strategische Ausrichtung für die Wahlperiode von insgesamt sechs Jahren gehen soll, wollen die Mitglieder ihren Angaben zufolge im Dezember zusammenkommen. Die nächste Synodentagung wird Anfang November 2016 in Magdeburg stattfinden. Als Schwerpunktthema soll dann die Solidarität in Europa auf der Tagesordnung stehen.

epd