Startseite Archiv Tagesthema vom 16. April 2015

Sie haben keine Chance

„Wenn es eine Mahnung gibt, die uns aktuell wieder neu eingeschärft wird, dann ist es die, aufmerksam gegenüber all den Menschen zu bleiben, die heute auf der Flucht sind.“, beonte Landesbischof Ralf Meister in seinem Bischofsbericht während der Synode 2013. Er sagte, dass wir aus der Geschichte vieles lernen könnten, da allein in Niedersachsen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein Viertel der Bevölkerung Flüchtlinge gewesen seien. Nun ist dieser Weltkrieg im Mai seit 70 Jahren Vergangenheit, aber Füchtlinge gibt es weltweit fortwährend. Menschen, die verzweifelt fliehen, sich auf hoher See in Lebensgefahr begeben, damit sie überhaupt eine Chance auf ein würdiges Leben haben. Und wieder ist es dabei zu einer Tragödie gekommen, bei der vor der libyschen Küste vermutlich 400 Menschen umgekommen sind. Aber zu Vielen scheint dies nicht mehr greifbar zu sein. Laut den tagesaktuellen Medien ist offenbar- bis auf eine Ausnahme - nichts wichtigeres passiert, als der freiwillige Rücktritt eines Fußballtrainers. Diese Wahrnehmung beweist einmal mehr, wie wichtig es ist, dass die dramatischen Erlebnisse der Geschichte nachhaltig vor Augen geführt werden. Denn für zu viele Menschen in der Gegenwart sind sie Wirklichkeit. Wie die Kriegsflüchtlinge damals, hoffen sie auf nichts mehr als die erlösende Befreiung...

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Angesichts der neuen Flüchtlingskatastrophe vor der libyschen Küste hat der niedersächsische Flüchtlingsrat scharfe Kritik an der Bundesregierung geübt. Die Politik sei mitverantwortlich für die Unglücke, „weil die Menschen keine Möglichkeiten haben, auf legalem Weg zu uns zu kommen“, sagte die Vorsitzende Gisela Penteker dem epd. Bei einem schweren Boots-Unglück sind der Organisation zufolge rund 400 Flüchtlinge aus dem südlichen Afrika ertrunken.

Deutschland schaue „seelenruhig“ zu, wie die Menschen zunächst um ihr Leben bangten und dann hilflos ertrinken, kritisierte die Medizinerin: „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“ Jeder könne die durch Nachrichten übertragenen Bilder im eigenen Wohnzimmer sehen, aber an den Zuständen ändere sich nichts.

Das Kontingent, nach dem die Bundesregierung eine begrenzte Anzahl an Flüchtlingen aus Syrien aufnehme, reiche bei weitem nicht aus, sagte Penteker. Die Behörden behandelten alle anderen Flüchtlinge zudem wie Illegale, die unerlaubt nach Deutschland einreisten. „Wir dürfen Menschen nicht dafür bestrafen, dass sie ihr Leben retten wollen.“

Auf dem verunglückten Schiff sollen sich Medienberichten zufolge 670 Menschen befunden haben, 150 wurden von der italienischen Küstenwache gerettet. Wegen der verbesserten Wetterbedingungen und des zunehmenden Verfalls staatlicher Strukturen in Libyen versuchen immer mehr Menschen, von dort aus in Kuttern Italien zu erreichen. Schätzungen zufolge warten in Libyen bis zu einer Million Menschen vor allem aus dem südlichen Afrika auf eine Überfahrt.

epd

„Was heute wohl los gewesen wäre, wenn 400 Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes im MIttelmeer ertrunken wären? Reporter würden aus allen Häfen des Mittelmeers live berichten, wir würden eine Sondersendung nach der anderen sehen, Europa würde Aufklärung fordern und Rechenschaft für die Verantwortlchen. Ertrunken sind bis zu 400 Flüchtlinge. Es war für die meisten von uns ein ganz normaler Tag.“

Karim El-Gawhary Arabesken, Süddeutsche Zeitung Magazin

Der Aufbau einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Niedersachsen für Flüchtlinge in Osterode ist immer noch ungewiss. Die Gespräche zwischen dem Land und dem Eigentümer der als Flüchtlingsunterkunft vorgesehenen Kaserne liefen „mit Hochdruck“, sagte der Sprecher des Niedersächsischen Innenministeriums, Matthias Eichler. Es stehe noch nicht fest, wann die Verhandlungen abgeschlossen würden.

Osterodes parteiloser Bürgermeister Klaus Becker bestätigte auf Anfrage, dass die Gespräche andauerten. „Der Eigentümer ist dabei, Pläne und Kostenrechnungen zu erstellen“, sagte der Verwaltungschef. Er kündigte für die nächsten Tage eine schriftliche Stellungnahme an.

Noch vor fünf Wochen hatten die Behörden unter anderem bei einer Bürgerversammlung in Osterode den Eindruck vermittelt, die Einrichtung des Flüchtlingsheims in der ehemaligen Rommel-Kaserne sei im Grundsatz beschlossen und stehe kurz bevor. Doch dann wurden Zweifel laut, ob der Eigentümer der Immobilie für den Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung befähigt ist.

Die Kaserne, in der bis 2004 ein Panzergrenadierbataillon der Bundeswehr stationiert war, gehört seit dem vergangenen Jahr dem Verwaltungsdienstleister „Princess of Finkenwerder“. Das Unternehmen mit Sitz in Stade hat sich nach eigenen Angaben auf den Aufkauf, Umbau und die Weitervermarktung von Kasernen spezialisiert. Die Bürgerinitiative „Für Osterode“ und die evangelische Kirche äußerten Bedenken, weil "Princess oft Finkenwerder" keine Erfahrung mit dem Betrieb von Flüchtlingsheimen habe.

Die Partei „Die Linke“ verwies überdies auf Verbindungen von „Princess of Finkenwerder“-Geschäftsführer Wolfgang Koch zu dem Geschäftsmann Jan Karras. Er ist Berater einer Sicherheitsfirma, die auch Söldner vermittelt. Koch hatte zunächst angedeutet, dass diese Firma den Sicherheitsdienst in der Flüchtlingsunterkunft übernehmen könnte.

In Niedersachsen gibt es bislang vier Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Sie befinden sich in Braunschweig, Friedland bei Göttingen, Bramsche sowie Osnabrück und werden vom Land selbst oder der Diakonie betrieben. Die Landesregierung will angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen die Zahl der Aufnahmestellen auf insgesamt sieben erhöhen.

epd

Humanität auf dem Prüfstand

„Die erschütternde Katastrophe vor der libyschen Küste führt uns wiederholt vor Augen, dass es eine europäische Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen gibt. Die Humanität in Europa steht auf dem Prüfstand! Ich kann nicht verstehen, dass eine Operation wie „Mare Nostrum“, die wenigstens einige Not gelindert hat, eingestellt wurde. Wir dürfen uns gleichzeitig nicht an den Grundkonflikt einer globalen Ungerechtigkeit gewöhnen. Denn die Menschen in den südlichen Ländern werden aufgrund der Armut, der politischen und medizinischen Verhältnisse geradezu zur Auswanderung getrieben. Die reichen Staaten müssen sich für eine erfolgreiche Entwicklungspolitik und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung einsetzen.“

Landesbischof Ralf Meister

„Bischof schickt Schock-Karte“

Mit einem schockierenden Foto auf seiner Weihnachtskarte sorgt der hannoversche Landesbischof Ralf Meister für Aufsehen. Es zeigt die Havarie eines völlig überladenen Flüchtlingsbootes unmittelbar vor der Mittelmeerinsel Lampedusa. „Ich wollte in diesem Jahr ein Motiv haben, das die weltweite Flüchtlingssituation symbolisiert“, sagte der evangelische Theologe.