Dieses Sich-Gedanken-Machen
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Redaktion: Wie wird man eigentlich Kirchentagspastor und warum haben Sie Freude an dieser Aufgabe?
Arnd Schomerus: Vor 36 Jahren habe ich als Teilnehmer in Nürnberg meinen ersten Kirchentag erlebt. Vor 20 Jahren habe ich begonnen, beim Kirchentag mitzuwirken. Seitdem bereitete ich mit viel Freude die Kirchentage mit vor. Sehr unterschiedliche Projekte: Jugendkirche, Gottesdienste, Pilgerweg, Gedenken zu Beginn, Eröffnungsgottesdienst, ökumenischen Gottesdienst ... Das vergrößerte die Lust an der Kirchentagsarbeit. Daher habe ich mich für die Stelle beworben. Na, und so geht es praktisch: Die Stelle wird ausgeschrieben und man bewirbt sich. Dann wird man zu einem Gespräch geladen und zu noch einem Gespräch und dann bekommt man den ersehnten Anruf: Man wird es. Für mich war die Freude groß!
Redaktion: Welche Aufgaben sind für Sie ganz neu/anders, wenn Sie sie mit einer alltäglichen Pastorentätigkeit vergleichen?
Schomerus: Im Pastorenalltag plane ich natürlich keine Gottesdienste für 100000 Menschen - und Fernsehgottesdienste haben auch ihre ganz eigenen Anforderungen. Die Arbeit mit ehrenamtlichen Projektleitungen ist neu. Sie bestimmt im Moment meinen Alltag sehr. Denn nicht wir Hauptamtlichen machen die inhaltlichen Planungen, sondern Ehrenamtliche. Meine Aufgabe ist es, diese Gruppen zu begleiten. Konkret bedeutet das Teamarbeit, Sitzungsvor- und -nachbearbeitung, Motivation, auch mal Begrenzung, wenn Ideen zu kostspielig sind. Sicher kenne ich die Arbeit aus der Ehrenamtlichenarbeit seit 20 Jahren. Aber nun ordne ich mehr - das schränkt übrigens die Kreativität nicht ein.
Redaktion: Was bedeutet das Motto des Kirchentags 2015 „Damit wir klug werden“ persönlich? Und warum passt es in unsere jetzige gesellschaftliche Situation?
Schomerus: Ich nehme die Worte Kirchentagsübersetzung auf: Ich zähle Tage. Ich blicke in mein Leben zurück. Ich merke die Verbundenheit mit den Menschen – und die geistliche Verbundenheit mit Gott. Da ist eine Dynamik, die mich hoffentlich klüger werden lässt. Und da ist diese Gratwanderung: Wie kann ich die Endlichkeit sehend im Leben stehen – und weil ich sie sehe, das Leben gut machen. Das ist ein Prozess. Klug werden ist nicht „ich habe die eine Erkenntnis und das war’s, sondern: Ich mache mich auf den Weg – gemeinsam mit anderen. Das ist natürlich auch in meiner Tätigkeit ist ein ganz wichtiger Punkt: Kirchentag geht nicht ohne Gemeinschaft.
Redaktion: Worauf freuen Sie sich in Stuttgart besonders?
Schmomerus: Ich freue mich darauf wenn die Menschen nach Stuttgart kommen, wenn die Stadt voll ist, wenn das, was wir über Monate und Jahre geplant haben sich zeigt, lebendig wird, diese Stadt (davon) lebt. Ich freue mich auf die engagierten Teilnehmenden und natürlich auf die Großgottesdienste, für die ich als Kirchentagspastor in besonderem Maße verantwortlich bin.
Redaktion: Was ist das Ziel der Kirchentags 2015?
Schomerus: Das Ziel ist, das der Kirchentag Kirchentag sein kann, dass er das Zusammenkommen und den zivilgesellschaftlichen Diskurs ermöglicht – zu politischen Themen, zu Glaubensthemen. Es wäre gut, wenn dieses Sich-Gedanken-Machen um die biblischen Texte und die daraus zu ziehenden Konsequenzen auch über Stuttgart hinaus lebendig hält und voranschreitet.
Da ist für mich nicht das eine große Ziel, das in Stuttgart erreicht werden würde, sondern der Kirchentag macht Station. Danach kommt Berlin mit dem Schlussgottesdienst in Wittenberg und dann die nächste Stadt.
Aber natürlich wäre es ein schönes Ziel, dass alle nach dem Stuttgarter Kirchentag etwas klüger sind…
Der Deutsche Evangelische Kirchentag entstand nach dem 2. Weltkrieg als Laienbewegung um den Freundeskreis des Juristen und Mitglieds der Bekennenden Kirche, Reinold von Thadden, der zugleich als Mitarbeiter des „Weltrats der Kirchen“ den deutschen Gemeinden den Blick in die Ökumene öffnen wollte.
Als Gründungsereignis gilt die „Evangelische Woche“ 1949 in Hannover. Der Kirchentag ist formal als eingetragener Verein mit Sitz in Fulda organisiert. An der Spitze steht, für zwei Jahre gewählt, eine Präsidentin oder ein Präsident, durchweg Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Diese Wahlperiode folgt dem zweijährigen Rhythmus der Kirchentage, jeweils in einer anderen Kirchenregion.
Die Losung „Damit wir klug werden“ für den diesjährigen Kirchentag in Stuttgart soll nach den Worten von Kirchentagspräsident Andreas Barner unter anderem etwa die Frage nach einem „klugen Wirtschaften“ stellen, also erörtern, wie unsere Gesellschaft künftig lebenswert bleibt.